Versicherungen

VW – Aus Bonus wird Malus

Der Fall VW gibt Anlass, sich mit der Frage zu beschäftigen, wann Manager Boni zurückzahlen müssen. Das Thema wird sicher zukünftig noch weitere Kreise ziehen, sind Hans Georg Helwig und Sarah Neuhaus von der Kanzlei Arnecke Sibeth überzeugt. „Kein Gewinn ist kein Gewinn und von keinem Gewinn kann man auch keine Boni zahlen“, so der VW-Aufsichtsrat Olaf Lies kürzlich nach einer Sitzung zur Lage der sogenannten Abgasmanipulationen. VW erleidet Gewinneinbrüche, es drohen Bußgelder und Schadensersatzzahlungen in Milliardenhöhe – über die ersten 13 Mrd. Euro hat VW sich gerade in den USA verglichen. Aktionäre erwarten Einbußen und den Totalausfall der Dividende. Arbeitsplätze sind gefährdet, Lohnerhöhungen sicher in weiter Ferne. Die Boni der Vorstände werden sicher auch schmelzen. Aber die Vorstände fallen weich, die hohen Extravergütungen sind schon gezahlt. Was ist aber, wenn die Boni durch einen Erfolg erwirtschaftet wurden, der (auch) auf die Abgasmanipulationen zurückzuführen ist?

08. August 2016

Einfach wäre die Rückforderung, wenn in den Vorstandsdienstverträgen eine Verpflichtung zur Rückzahlung, z.B. bei nachhaltigem Einbruch der wirtschaftlichen Lage, vereinbart wäre. Dieses ist aber nicht der Fall. Somit stellt sich die Frage, ob es gesetzliche Möglichkeiten gibt, die Boni zurückzufordern?

Das Aktiengesetz sieht keine Rückforderung von Boni vor. § 87 AktG regelt die Grundsätze für die Bezüge der Vorstände. Absatz 2 lässt als Sonderfall Eingriffe in die vertragliche Vergütungsabrede nur für die Zukunft zu. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung kommen deshalb wohl im Nachhinein eher nicht in Betracht. Der Bonus wird in den Verträgen der Vorstände fest versprochen.

Ein Unternehmen hat nur dann die Möglichkeit die Vorstände finanziell in die Verantwortung zu nehmen, wenn ihnen – wie im Fall VW – eine „Beteiligung“ an den Abgasmanipulationen nachzuweisen ist. Dafür kann schon ein unzureichendes Informationssystem ausreichen. Grundsätzlich hat ein Vorstandsmitglied bei seiner Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. (§ 93 Abs. 1 S. 1 AktG). Die Verletzung dieser Pflichten kann einen Schadenersatzanspruch auslösen. Das gilt vor allem, wenn der Vorstand – wieder wie im Fall VW – es schlicht unterlässt, sich über Abläufe in der Organisation, so eben z.B. auch Ergebnisse von Abgastests, zu informieren. Eine Unkenntnis über unzureichende Grenzwerte dürfte zumindest dem Technik-Vorstand vorwerfbar sein. Ebenso das dadurch unterbliebene Einschreiten gegen die Manipulationen – auch wenn er davon keine Kenntnis gehabt hätte. Geklärt werden müsste auch die Frage, inwieweit die übrigen Vorstandsmitglieder mithaften.

Ein Vorstand ist gesamtverantwortlich für sein Unternehmen. Gegenüber der AG haften seine Mitglieder gesamtschuldnerisch auf Schadensersatz. Dafür muss nur ein Vorstand seine Pflichten verletzt haben. Für die Abgasmanipulationen haftet also im Verhältnis zur Gesellschaft nicht nur der Vorstand für Technik. Es haften sämtliche Vorstandsmitglieder gemeinsam.  Sind aber, wie üblich, die Aufgaben in Ressorts der jeweiligen Vorstände unterteilt, tritt eine gewisse haftungsrechtliche Entlastung ein, da die einzelnen Vorstandsmitglieder davon ausgehen können, dass die übertragenen Aufgaben durch das jeweils zuständige Vorstandsmitglied sorgfaltsgemäß wahrgenommen werden. Im Innenverhältnis der Vorstände unterei-nander kann daher durchaus nur eine Person haften und es muss auch nur einer den gesamten Schaden tragen. Auch wenn eine Organ- oder Manager-Haftpflichtversicherung besteht, hat das erhebliche Auswirkungen. Die Versicherung mag zwar den Schaden gegenüber der Gesellschaft ausgleichen, sie wird jedoch den verantwortlichen Vorstand in Regress nehmen.

Natürlich haften die Vorstandsmitglieder nur, wenn sie eine Pflichtverletzung begangen haben. Und da liegt in der Praxis häufig die Schwierigkeit, einen Schaden nachzuweisen, für den die Pflichtverletzung ursächlich war. Dieser Schaden kann auch in den eingangs erwähnten Boni bestehen. Dafür muss aber nachgewiesen werden, dass gerade wegen der Abgasmanipulationen ein Bonus gezahlt wurde. Die Abgasmanipulationen müssen also ursächlich für das gute Geschäftsergebnis gewesen sein. Dieses nachzuweisen ist nicht einfach. Näher liegt es, den Schaden und die Haftung mit den zu zahlenden Bußgeldern und Ersatzzahlungen zu begründen. Es ist klar, dass der manipulative Umgang mit Herstellungsstandards Schaden in den Kundenbeziehungen auslöst und schließlich auch der Ruf des Unternehmens davon betroffen ist. Mit anderen Worten: Die Boni werden wohl nicht zurückgezahlt, aber es ist davon auszugehen, dass ein weitaus höherer Betrag als Schadensersatz zu leisten ist.

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