Wolfgang Schäuble – Mut zu Klartext
All das gibt ihm eine derzeit von keinem Kabinettsmitglied erreichte Souveränität bei seinen öffentlichen Auftritten vor Wirtschaftsvertretern, zuletzt beim VÖB und am Mittwoch beim GDV-Jahrestreffen. Die Forderung nach neuen Schulden für mehr Wachstum und gegen Arbeitslosigkeit kontert er mit dem sicher von einigen als süffisant empfundenen Hinweis, dass die Länder mit wenig Wachstum und hoher Arbeitslosigkeit in Europa nun aber keinerlei Mangel an Schulden hätten. „Hilfe ja, aber wenn die Hilfe in ein Fass ohne Boden fällt, habe ich ein Problem,“ ruft Schäuble den versammelten Managern zu und erntet Beifall. „Wir sollten die Konditionalität nicht aufgeben“, schiebt er nach. Schäuble kann aber auch großzügig sein. In Geldern für Afrika und die Ukraine sieht er eine Notwendigkeit, um die deutsche Nachbarschaft zu stabilisieren. Er kündigt mehr Verteidigungsanstrengungen an. Die Quote des Wehretats in Bezug auf das BIP sei in Nachkriegsdeutschland traditionell niedrig. Das werde sich ändern, ohne und jetzt auch mit Donald Trump. Gegen die EU-Kommission poltert er und verbittet sich „Fehlanleitungen“. Der deutsche Staat investiere viel mehr als andere EU-Länder. Die das kritisieren, müssten doch wenigstens die richtigen Zahlen kennen. Deutschland sei bereit, mehr zu tun, um Europa zusammenzuhalten. „Wir haben ja andere Möglichkeiten.“ Teilnehmer wie Johannes Ludewig, Staatssekretär unter Kohl, wünschten sich von Schäuble schon etwas mehr Aufgeschlossenheit gegenüber zusätzlichen Ausgaben für die marode Infrastruktur. Aber sonst teilt auch Ludewig Schäubles Kurs. Fliegt Europa auseinander? Die Sorge müsse man immer haben. Dazu habe er zu viel kalten Krieg erlebt. Europa werde neue Wege der Integration suchen müssen. Der äußere Druck sei groß. Er, Schäuble, habe Brexit und Trump nie ausgeschlossen. Eliten neigten dazu, zu glauben, klüger zu sein als die Mehrheit.