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„Die Fusion war geschäftspolitisch notwendig“

Im Mai 2010 schlossen sich die US-Kanzlei Hogan & Hartson und die britische Sozietät Lovells zur Großkanzlei Hogan Lovells zusammen. Durch die Verwerfungen im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise hätte der Zeitpunkt kaum ungünstiger sein können, dennoch werten beide Seiten den Merger heute als Erfolg. Warum der Zusammenschluss geklappt hat und wo nun die großen Herausforderungen liegen, darüber hat PLATOW Recht mit Christoph Küppers, Managing Partner für Kontinentaleuropa bei Hogan Lovells, gesprochen.

23. Juli 2013

Herr Küppers, braucht eine Kanzlei heute eine kritische Masse, um am Markt bestehen zu können?

Hat eine Kanzlei diese kritische Masse nicht, braucht sie jedenfalls etwas, was sie von anderen deutlich unterscheidet. Andernfalls sind die Chancen, von global tätigen Unternehmen mandatiert zu werden, sehr gering. Unsere Kanzlei hat mit einem Umsatz von rund 1,7 Mrd. US-Dollar die kritische Masse zweifelsohne erreicht. Wären wir nur halb so groß – und das war jeder Teil vor der Fusion –, wäre es für uns am Markt sehr viel schwieriger. Jetzt werden wir als eine Sozietät wahrgenommen, die eine größere Breite und Tiefe hat. Schon allein deswegen war die Fusion geschäftspolitisch nötig.

Obwohl jeder Teil auch zuvor schon global unterwegs war.

Lovells hatte zwar Büros in New York und Chicago, war aber bis auf Versicherungsrecht, Prozessführung und Capital Markets sonst auf dem US-Markt nicht aktiv. Umgekehrt hatte Hogan & Hartson einige Büros in Europa, war sonst am europäischen Markt aber ebenso wenig präsent wie Lovells in den USA. Damit fehlte jeder Seite ein ganz wesentlicher Markt.

Ist dieser Globalisierungsansatz heute der einzige Weg, um sich im Wettbewerb behaupten zu können?

Selbst die großen Wirtschaftssozietäten, die transatlantische Fusionen für sich ausschließen, beobachten neue Bündnisse ganz genau. Da steht schon die Frage im Raum, inwieweit sich diese Bündnisse auf das eigene Geschäft auswirken. Denn die Gefahr besteht, dass Mandanten, die zuvor von regional starken Kanzleien vertreten wurden, zu den neuen Bündnissen wechseln. Die aus meiner Sicht wichtigere Frage ist jedoch: Wie sind diese neuen Bündnisse konzipiert? Es ist nämlich ein großer Unterschied, ob es sich um vollintegrierte Gebilde handelt oder um Zusammenschlüsse, bei denen die einzelnen Partner weitgehend autonom bleiben. Ich bin der Meinung, dass solche lockeren Kooperationen nicht die Schlagkraft entwickeln können, die eine vollintegrierte Kanzlei besitzt. Deswegen war uns auch die Vollintegration beider Partner wichtig, auch wenn das eine längere Vorbereitungs- und Umsetzungszeit bedeutet hat. Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn ich nur in einem Teilmarkt stark wäre, dann würde ich mich vor einer vollintegrierten Sozietät mehr fürchten als vor den Bündnissen, die nur eingeschränkt integriert sind.

Wie wird solch eine Vollintegration denn zum Erfolg?

Zunächst einmal müssen die mandatsbezogenen Konflikte gering sein. Denn Sinn der Sache ist ja, dass beide Partner gemeinsam mehr Mandate anziehen als vorher. Wenn nämlich die integrierte Sozietät durch den Zusammenschluss als solches zu viele Mandanten verliert, ist der Einstiegspreis zu hoch. Zweitens sollte die Leistungskraft nicht zu unterschiedlich sein. Je größer die Unterschiede sind, umso schwieriger wird es, bei dem Gedanken eines Zusammenschlusses „unter Gleichen“ zu bleiben. Unterschiedslos sollten die fachliche Klasse, die Leistungskraft und die Ambitionen der Partner und der ehemals selbstständigen Partnerschaften sein. Kontrovers kann man dagegen den Einfluss des Marktes diskutieren. Es gibt Stimmen, die behaupten, ein Zusammenschluss könne nur gelingen, wenn es dem Markt gut geht. Man kann es aber auch so sehen: Ist die Marktlage sehr gut, gibt es eigentlich keinen Grund, zusammenzugehen. Ich denke, wir sind der beste Beweis dafür, dass ein Zusammenschluss auch in schwierigen Zeiten gelingen kann.

Wo sehen Sie nun die großen Herausforderungen für die kommenden Jahre?

Eine wichtige Frage ist: Wie reagieren die Top-Sozietäten auf das geänderte Nachfrageverhalten großer Kunden? Unsere Mandanten befinden sich unter permanentem Margendruck und sie erwarten von uns, dass wir uns diesen Marktbedingungen mit unserer Preispolitik entsprechend anpassen. Auf der anderen Seite muss Qualität ihren Preis behalten. Hier gilt es, die richtige Balance zu finden, einerseits den Erwartungen des Mandanten gerecht zu werden und andererseits das eigene Geschäft im Blick zu behalten. Dann müssen wir uns der Frage stellen, wie wir mit denjenigen Jurisdiktionen umgehen, die als zukunftsträchtig gelten, regulatorisch aber geschützt sind, wie z. B. China, Indonesien oder Indien. Ich denke, der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, zu den dortigen juristischen Eliten die Brücke zu schlagen. Und letztlich rückt die Gewinnung des Nachwuchses stärker in den Fokus, denn der Wettbewerb um kluge Köpfe wird härter. Auch dem werden wir Rechnung tragen müssen, beispielsweise durch das Angebot flexiblerer Arbeitszeitmodelle: Anwaltskarriere und Familienleben müssen miteinander vereinbar sein.

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