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Anlegerprozess – Herber Dämpfer für VW

Böse Überraschung für VW im Kapitalanleger-Musterprozess vor dem Oberlandesgericht Braunschweig. Gleich am ersten Verhandlungstag nach der Corona-Pause kam Richter Christian Jäde in einer vorläufigen Einschätzung zu dem Schluss, dass es bei der Prüfung kursrelevanter Informationen nicht auf die Wahrscheinlichkeit einer Aufdeckung ankomme, sondern ob ein Umstand vorliege, über den die Anleger informiert werden sollten.

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Die Anwälte von VW und der ebenfalls beklagten Familienholding Porsche SE hatten bislang stets argumentiert, dass die Dieselaffäre erst zu dem Zeitpunkt börsenrelevant wurde, als die US-Umweltbehörden am 18.9.2015 den Skandal öffentlich gemacht und VW eine Strafzahlung von bis zu 18 Mrd. Dollar angedroht haben. Bis dahin sei VW von einem Vergleich mit den US-Behörden ohne öffentliches Aufsehen ausgegangen, wie dies angeblich auch in anderen Fällen geschehen sei.

Der Musterkläger Deka wirft VW vor, die Anleger zu spät über den Dieselskandal informiert zu haben, die deshalb hohe Kursverluste erlitten hätten. Tatsächlich hatte VW erst einige Tage nach Aufdeckung des Skandals eine entsprechende Ad hoc-Mitteilung publiziert. Mit seiner Einlassung hat Jäde die Verteidigungsstrategie von VW erheblich erschüttert. Welche Folgen dies für den Ausgang des Verfahrens hat, wird sich allerdings erst im weiteren Prozessverlauf zeigen. Aktuell sind in gleicher Angelegenheit noch 1 839 weitere Anlegerklagen mit einem Gesamtstreitwert von rund 4,1 Mrd. Euro in Braunschweig anhängig. Zu Prozessbeginn hatten die Kläger-Anwälte sogar eine Gesamtschadenssumme von knapp 9 Mrd. Euro ins Spiel gebracht, um VW einen Vergleich schmackhaft zu machen. Bislang haben die Wolfsburger einen Vergleich strikt abgelehnt. Das könnte sich ändern, wenn sich die Aussichten von VW auf einen glimpflichen Prozessausgang noch weiter verdüstern sollten.

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