Börsen

Finanzplatz – Auch Birkenstock geht uns flöten

Das hätten sich Alexander und Christian, die Erben von Karl Birkenstock, nicht träumen lassen, als sie die Mehrheit ihres damals mit rd. vier Milliarden Euro bewerteten Unternehmens Anfang 2021 an Bernard Arnault, den lt. „Forbes“ aktuell reichsten Mann der Welt, verkauften.

01. August 2023
Birkenstock-Schuhe im Geschäft.
© CC0

Nicht einmal drei Jahre sind vergangen und L Catterton, die PE-Gesellschaft des französischen Milliardärs, die die Anteile hält, könnte den Hersteller von Kult-Sandalen aus dem beschaulichen rheinland-pfälzischen Städtchen Linz, dessen Wurzeln bis ins Jahr 1774 reichen, schon im September in New York an die Börse bringen, wie Bloomberg unter Berufung auf Insider spekuliert. Demzufolge soll ein Konsortium unter Führung von JP Morgan und Goldman Sachs das zuletzt stark expandierende und sich zur Weltmarke entwickelnde Unternehmen mit bis zu 10 Mrd. US-Dollar bewertet haben.

Dass ein erfolgreiches deutsches Traditionsunternehmen ein Listing hierzulande nicht einmal erwägt, ist ein weiterer schwerer Schlag für die Deutsche Börse und deren Chef Theodor Weimer. Schon gegen die Abwanderung von Linde an die NYSE hatte Weimer nichts ausrichten können. Christian Strenger, langjähriger DWS-Chef und Corporate Governance-Papst, hatte sein großes Bedauern über diese schwere Niederlage für den Finanzplatz damals mehrfach öffentlich gemacht, auch ggü. PLATOW. Sicher von Nachteil ist, dass Frankfurt in Berlin keine Lobby hat und unter den Finanzplätzen Europas der einzige ohne Hauptstadt-Status ist. Ein neu zu schaffendes Gremium, besetzt mit führenden Köpfen aus Wirtschaft und Finanzen sowie den Regierenden in Berlin, würde Frankfurt im Wettbewerb mit anderen Finanzplätzen Europas sicher mehr Schlagkraft geben. Gegen die Börsen in New York würde aber auch das kaum helfen. Da musste jüngst auch die LSE in London klein beigeben. Der japanische Technologieinvestor Softbank treibt die milliardenschweren Börsenpläne für den britischen Chipdesigner ARM voran und wie selbstverständlich kommt dafür nur ein Listing in New York an der Nasdaq infrage.

Die schlechten Karten, die der deutsche Finanzplatz aktuell hat, passen absolut ins Bild eines Deutschlands, das mit seiner schrumpfenden Wirtschaft in allen Bereichen zunehmend ins Abseits gerät. Immer mehr Unternehmen kehren dem hiesigen Markt den Rücken. Der Verkauf des Heizungsbauers Viessmann in die USA passt ebenso ins Bild wie die umfangreichen Investitionen von BASF in China bei gleichzeitigem Stellenabbau zuhause. afs

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