Bethmann HAL will ABN Amro-Bilanz bei Vermögenden ausspielen
Nach Vollzug der HAL-Übernahme erklärt der Deutschlandchef von ABN Amro, wie das Institut bei vermögenden Kunden wachsen will und welche Vorteile er gegenüber Wettbewerbern sieht.

Der Deutschland-Chef von ABN Amro, Hans Hanegraaf, legte seinen Sommerurlaub in diesem Jahr bewusst spät. Nach dem Abschluss der Fusion zwischen Bethmann Bank und HAL Ende Juni besuchte er die Standorte, um sich dort den Mitarbeitern vorzustellen und für den Zusammenschluss zu werben. „Bis zum Closing war ein direkter Austausch zwischen den Teams nicht erlaubt – erst danach konnte die Detailplanung für die Integration beginnen“, sagt er im Gespräch mit PLATOW. Die eigentliche Integrationsarbeit hat also gerade erst begonnen.
Es geht um die Zusammenführung der IT, den Abbau von Doppelstrukturen, aber auch um die Positionierung im deutschen Markt. ABN Amro Deutschland verfolgt eine Zwei-Marken-Strategie: Die Konzern-Mutter bleibt hierzulande zuständig für größere Firmenkunden und institutionelle Anleger, Bethmann HAL betreut den Mittelstand und vermögende Privatkunden. Dazu zählt auch der sogenannte E&E-Bereich („Entrepreneurs & Enterprises“), mit dem mittelständische Unternehmerfamilien ganzheitlich begleitet werden – sowohl geschäftlich als auch privat.
„Viele Privatbanken meiden das Kreditgeschäft. Wir nutzen gezielt die starke Bilanz von ABN AMRO, um Unternehmerfamilien umfassend zu betreuen“, sagt Hanegraaf. „Die Verbindung von Kreditvergabe und Kapitalmarktlösungen auf der einen Seite und Vermögensbetreuung auf der anderen Seite macht uns zur Alternative – auch gegenüber Sparkassen und Genossenschaftsbanken.“ Und Hanegraaf fügt noch hinzu, dass gerade Sparkassen und Genossenschaftsbanken stark im Lokalen seien. „Aber wenn Unternehmer wachsen, brauchen sie mehr als Nähe: Sie brauchen internationale Kompetenz, größere Kreditlinien und ein Private Banking, das mitwächst. Genau da setzen wir an.“
Als Kernzielgruppe sieht Hanegraaf im Wealth Management Kunden mit einem Vermögen zwischen 1 und 50 Mio. Euro – mit Spielraum nach oben. „Wir betreuen auch sehr vermögende Kunden, insbesondere wenn komplexe Finanzierungen eine Rolle spielen.“ Besonders im Mittelstand und bei der bevorstehenden Vermögensübertragung sieht Hanegraaf „klare Wachstumschancen“.
Weitere Zukäufe möglich
Dieses Wachstum soll vor allem organisch erfolgen. Hanegraaf hat als Ziel ausgegeben, bis zum Jahr 2030 auf 100 Mrd. Euro Assets under Management zu kommen. Aktuell verwaltet Bethmann HAL nach der Fusion 70 Mrd. Euro. „Wenn der Markt um 4 bis 6% jährlich wächst und wir daran teilnehmen, dann werden wir das schaffen.“ Auch weiteren Zukäufen steht Hanegraaf offen gegenüber, es müsse aber passen. „Ich glaube, dass im Markt in den vergangenen Jahren keine Transaktion passiert ist, ohne dass wir davon gewusst haben. Das wird auch so bleiben.“
Vor weiteren Zukäufen steht jedoch zunächst viel Integrationsarbeit an, mit der sich spezielle Teams beschäftigen. „Der Zusammenschluss zweier Organisationen braucht Zeit, gerade wenn IT-Systeme noch getrennt laufen“, mahnt Hanegraaf. Aus seiner Sicht soll sich der Großteil der Mitarbeiter auf Kunden und das Tagesgeschäft konzentrieren – nicht auf die Integration. „Die internen Prozesse laufen im Hintergrund, und nicht jede Veränderung betrifft alle unmittelbar.“
Synergien von 60 Mio. Euro
Ein komplexer Schritt ist die IT-Integration, hier sollen die Institute laut Hanegraaf bis Ende 2026 grenzüberschreitend auf eine gemeinsame Plattform kommen. „Wir arbeiten mit ähnlichen Kernbanksystemen, was den Prozess erleichtert.“ Ab 2028 plant Hanegraaf durch die Fusion Kosteneinsparungen von rund 60 Mio. Euro vor Steuern. „Ein großer Teil der erwarteten Synergien wird durch IT-Konsolidierung, sukzessive Zusammenlegungen von Doppelstandorten und den Abbau von anderen Doppelstrukturen entstehen.“
Vor allem in der Vermögensverwaltung rechnet der ABN Amro-Deutschland-Chef mit weiterer Konsolidierung. „Größe spielt im Wealth Management eine wichtige Rolle – etwa bei der Produktentwicklung, beim Zugang zu internationalen Anbietern oder bei der Verteilung von IT-Kosten.“ Gleichzeitig bleibe das Geschäft aber persönlich. „Die Herausforderung liegt darin, beides zu verbinden – Skalierbarkeit und Nähe.“
In der Private Banking-Serie erschienen:
Teil 1: Verdrängungskampf am deutschen Private Banking-Markt
Teil 2: So will die LLB den Markt erobern
Teil 3: Private Banking wächst kräftig, Berater heiß umkämpft
Teil 4: Bankhaus Seeliger setzt auf Erfolg in der Nische
Teil 5: LGT präsentiert Expansionsplan für Deutschland
Teil 6: Berenberg will stark wachsen – auch durch Zukäufe
Teil 7: V-Bank – Die stille Macht im Private Banking
Teil 8: DZ Privatbank setzt auf Nähe zum Kunden
Teil 9: Frankfurter Bankgesellschaft setzt auf zweistelliges Wachstum
Teil 10: Merck Finck setzt auf lokale Wurzeln und ein europäisches Netz
Teil 11: Private Equity – Privatbanken unter Zugzwang
Teil 12: Metzler-Chef sieht erste Früchte der neuen Strategie
Teil 13: Fintech investify nimmt mit Partnern Sparkassen-Depots ins Visier
Teil 14: Kampf um deutsche Superreiche – Wie ein US-Anbieter die Banken herausfordern will
Teil 15: Oddo BHF will bei Unternehmen und Family Offices kräftig wachsen