Commerzbank – Orcels Verwirrspiel
Sichtlich entspannt plaudert Unicredit-Chef Andrea Orcel im improvisierten „Bloomberg-TV“-Studio in Davos über Regulierung und die Commerzbank. In den vergangenen zweieinhalb Jahren habe er mehrere Treffen mit der Bundesregierung und der Commerzbank-Führung gehabt und sei deshalb überrascht vom Gegenwind in Deutschland, berichtet Orcel. Bei der Commerzbank können sie sich an diese angeblichen Gespräche über einen möglichen Deal zwischen beiden Instituten allerdings nicht erinnern. „Lassen sie uns angesichts der Emotionen auf die Bundestagswahlen warten“, beschwichtigt Orcel. Ganz ähnlich hatte er sich auch schon früher geäußert, was ihn aber nicht davon abhielt, seinen Commerzbank-Anteil über Optionsgeschäfte weiter auf zuletzt offiziell 28,08% zu erhöhen. Schon bald dürfte Orcels Anteil an der Commerzbank sogar noch weiter steigen, ganz ohne sein Zutun.
Denn die Commerzbank hat gerade die 600 Mio. Euro schwere erste Tranche ihres dritten Aktienrückkaufprogramms abgeschlossen. Seit dem 7.11. haben die Frankfurter 38.837.806 eigene Aktien (3,278%) zum Durchschnittspreis von 15,45 Euro zurückgekauft. Werden diese Aktien wie geplant eingezogen, würde sich der Unicredit-Anteil auf gut 29% und der des Bundes leicht von 12,11% auf 12,5% erhöhen. Noch ist allerdings unklar, ob die Commerzbank die Aktien tatsächlich einzieht. Die Zustimmung für die geplante zweite Rückkauf-Tranche von bis zu 400 Mio. Euro hat die Commerzbank bereits bei der EZB und der Finanzagentur beantragt.
Mit den Aktienrückkäufen und der angekündigten Dividendenzahlung löst Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp ihr Versprechen ein, für 2024 mindestens 70% des Nettogewinns an die Aktionäre auszuschütten. Bislang erwartet die Commerzbank für 2024 einen Nettogewinn von 2,4 Mrd. Euro. Das würde einer Gesamtausschüttung von etwa 1,7 Mrd. Euro entsprechen. Da die Commerzbank Aktienrückkäufe von insgesamt 1 Mrd. Euro in Aussicht gestellt hat, müsste sie rund 700 Mio. Euro an Dividenden ausschütten. Da Orlopp derzeit alle Register zieht, um die Commerzbank gut aussehen zu lassen, könnte der Nettogewinn 2024 über den Erwartungen ausfallen. Dass es Orcel mit einem Übernahmeangebot derzeit nicht eilig hat, dürfte indes auch mit der jüngsten Kursrally der Commerzbank-Aktie zu tun haben, die aktuell bei rund 18 Euro notiert.