Commerzbank-Auktion

Dummheit oder Absicht?

Die Tischgespräche der Frankfurter Banker kreisen derzeit vor allem um ein Thema. Hat sich der Bund beim Teilverkauf seines Commerzbank-Anteils wirklich so naiv von Unicredit-Chef Andrea Orcel überrumpeln lassen oder war der Dilettantismus bei der Auktion am 10.9. womöglich Absicht, um den Italienern das zum Verkauf stehende Aktienpaket in die Hände zu spielen?

Foto einer Commerzbank Filiale in München, Deutschland
Foto einer Commerzbank Filiale in München, Deutschland © AdobeStock

Befeuert werden die Spekulationen durch das jüngste Eingeständnis von Finanzstaatssekretär Florian Toncar, der in einer Antwort an den CDU-Abgeordneten Matthias Hauer zwei Telefonate mit Orcels Deutschland-Statthalterin Marion Höllinger im Vorfeld des Anteilsverkaufs bestätigte.

Im ersten Gespräch soll Höllinger versucht haben, mehr Details über den geplanten Verkaufsprozess zu erkunden. Schon da hätten im Finanzministerium alle Alarmglocken schrillen müssen.

Hektische Betriebsamkeit kam jedoch erst auf, als die HVB-Chefin wenige Stunden vor Beginn der Auktion Toncar darüber informierte, dass die Unicredit bereits 4,5% an der Commerzbank hält. Den Stecker aus dem Verkaufsprozess zog das Finanzministerium allerdings nicht, obwohl dies nach Ansicht von M&A-Experten durchaus noch möglich gewesen wäre.

Unglücklich war auch der vom Bund gewählte Zeitpunkt für den Anteilsverkauf. Anfang August war die Commerzbank-Aktie im allgemeinen Börsengewitter binnen weniger Tage um fast 20% abgestürzt. Einen günstigeren Einstiegszeitpunkt hätte sich Orcel kaum wünschen können.

Noch lässt sich das alles durch heillose Naivität, Stümperhaftigkeit und Kommunikationschaos innerhalb einer Bundesregierung in Auflösung erklären. Doch die auffällige Häufung von Pannen und scheinbaren Zufällen nähren den Verdacht, dass zumindest einige Akteure in der Bundesregierung eine Übernahme der Commerzbank durch die Unicredit wenigstens billigend in Kauf nehmen. fm

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