Bankenregulierung

EZB skizziert einfachere Bankenregeln – viele Konflikte lauern noch

Die Notenbank will die Institute von Bürokratie entlasten. Wie die Vereinfachungen aussehen könnten – und um welche Details noch politischer Streit droht.

Jan Mallien,
Frankfurter Skyline bei Nacht. Blick von der Deutscherrnbrücke auf das Bankenviertel mit seinen Hochhäusern in Frankfurt am Main
Frankfurter Skyline bei Nacht. © Jörg Braukmann Wikimedia

Die Diagnose ist eindeutig: Europas Bankenregeln sind zu komplex. In einem am Donnerstag vorgestellten Bericht skizziert die EZB, wie sich das ändern könnte. Die Vorschläge, die auf den Ergebnissen einer einer High-Level Task Force basieren, zeigen aber auch, wo noch Konflikte drohen –  etwa über Erleichterungen für Kleinbanken, die Reform der AT1-Anleihen, die stärkere Zentralisierung der Aufsichtspraxis und eine gemeinsame Einlagensicherung. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel, der Mitglied der Task-Force ist, spricht von einem „gelungenen Kompromiss.“

Ein zentraler Vorschlag betrifft die Kapitalpuffer, von denen es bisher eine Vielzahl gibt, die unterschiedliche Risiken abdecken. Die EZB will sie auf zwei Puffer reduzieren: einen festen, den Banken stets einhalten müssen, sowie einen freigebbaren, den Aufseher in Krisenzeiten absenken können. In diesem freigebbaren Puffer sollen der antizyklische Kapitalpuffer und der Systemrisikopuffer aufgehen. Parallel dazu will die EZB Verfahren beschleunigen, Modellprüfungen vereinfachen und Vor-Ort-Kontrollen zielgerichteter gestalten. Diese Maßnahmen laufen bereits seit 2022. Konfliktträchtiger sind vier zentrale Themen:

1. Streit über ein Kapitalinstrument mit schlechtem Ruf

Der Umgang mit AT1-Anleihen ist umstritten. Diese Papiere sollen im Notfall Verluste übernehmen, bevor der Staat oder die Einleger haften. Doch das Instrument erwies sich als schwer steuerbar. Bei der Rettung der Credit Suisse 2023 verloren Anleger ihren gesamten Einsatz, und bis heute ist unklar, wann genau die Verlustmechanismen greifen sollen. Viele Banken versuchen, AT1-Ausfälle unbedingt zu vermeiden – das stellt den Sinn des Instruments infrage.

Die EZB nennt zwei mögliche Wege: Entweder werden die Bedingungen der Anleihen so überarbeitet, dass sie im Ernstfall klarer und verlässlicher funktionieren. Oder – wie Bundesbank und BaFin vorschlagen – AT1 zählt künftig nicht mehr als hartes Eigenkapital, was die Kapitalrechnung erleichtern, Banken aber zu mehr echtem Eigenkapital verpflichten würde. Die Politik hat das letzte Wort.

2. Spezielle Regeln für kleine Banken

Die EZB schlägt vor, die Schwelle für „kleine und nicht komplexe“ Institute über die heutige Marke von 5 Mrd. Euro Bilanzsumme hinaus anzuheben. Diese Banken müssten weniger melden, könnten mit einfacheren Kennzahlen arbeiten und eine vereinfachte Verschuldungsquote nutzen.

Bundesbank und BaFin wollen jedoch weiter gehen. Sie plädieren für pauschale Eigenkapitalregeln, damit kleine Institute ihren Kapitalbedarf ohne komplizierte Risikomodelle berechnen. Der EZB-Bericht verweist knapp darauf, dass solche vereinfachten Ansätze in der Schweiz, Großbritannien und den USA bereits üblich sind, ohne ins Detail zu gehen. Weil vor allem deutsche Banken profitieren würden, könnte der Preis dafür ein Entgegenkommen an anderer Stelle nach sich ziehen – insbesondere bei dem in Deutschland besonders umstrittenen Projekt einer gemeinsamen Einlagensicherung.

3. Gemeinsame Einlagensicherung: der alte Konflikt

Die EZB hält eine gemeinsame Einlagensicherung für notwendig, um die Bankenunion abzuschließen. Auch in ihrem Bericht heißt es dazu: „Der EZB-Rat fordert nachdrücklich, die Bankenunion sowie die Spar- und Investitionsunion zu vollenden, um die nationale Fragmentierung zu verringern und effizientere Kapitalmärkte zu ermöglichen.“

4. Wie weit soll Europa seine Aufsicht zentralisieren?

Auch die Frage der Zentralisierung dürfte noch für Konflikte sorgen. Die EZB drängt auf einheitlichere Regeln, weniger nationale Sonderwege und insgesamt eine klarere, europäisch abgestimmte Aufsicht. Vorgesehen ist ein europaweiter Governance-Mechanismus, der die Kapitalausstattung der Banken erstmals gemeinsam bewertet. Die EZB fordert zudem mehr Harmonisierung über direkt gültige EU-Verordnungen, die nationale Abweichungen verhindern sollen. Ein europäisches Meldesystem soll dafür sorgen, dass Banken Daten nur einmal einreichen und die Aufseher sie gemeinsam nutzen.

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