EZB warnt vor Kapitalregel-Chaos bei Banken mit nationalem Fokus
Trotz EZB-Aufsicht unterscheiden sich die Kapitalregeln für Banken in Europa – und das nicht wegen der Größe oder Struktur des jeweiligen nationalen Bankensektors. Warum die EZB darin ein Risiko für die Finanzstabilität sieht.

Wie viel zusätzliches Kapital eine systemrelevante Bank in Europa vorhalten muss, hängt nicht nur von ihrer Größe und Vernetzung ab, sondern nach wie vor von ihrem Sitz. Das zumindest legt die EZB in einem neuen Bulletin-Beitrag nahe. Darin warnt sie vor unbegründeten Unterschieden bei den Kapitalpuffern für systemrelevante Banken mit nationaler Bedeutung. Die sogenannten „Other Systemically Important Institutions“, kurz O-SIIs, gelten zwar nicht als global systemrelevant wie die Deutsche Bank, spielen aber eine zentrale Rolle für die Stabilität des jeweiligen nationalen Finanzsystems. In Deutschland zählen etwa die Commerzbank, die DZ Bank oder die LBBW dazu. Sie müssen zusätzliche Kapitalpuffer bilden, um sich für Krisen zu wappnen. Die Höhe legt die nationale Aufsicht fest – in Deutschland sind das BaFin und Bundesbank. Die EU erlaubt Puffer von bis zu 3% der risikogewichteten Aktiva.
Laut der EZB variiert die Höhe der Kapitalpuffer in der EU stark – und das nicht wegen wirtschaftlicher Unterschiede wie der Größe des Bankensektors, seiner Konzentration oder der Finanzierungsstruktur. Die EZB sieht hierdurch mehrere Probleme. Erstens fürchten ihre Experten, dass Puffer zu niedrig angesetzt werden könnten und dadurch Banken in Schwierigkeiten geraten – mit negativen Folgen für die gesamte Bankenunion. Zweitens sehen sie die Gefahr, dass unterschiedliche Anforderungen den Wettbewerb verzerren. Denn Banken mit niedrigeren Puffern hätten einen Vorteil gegenüber strenger regulierten Instituten in anderen Ländern. Auffällig ist laut EZB etwa, dass Länder mit vielen Töchtern ausländischer Banken bei vergleichbarer Systemrelevanz tendenziell höhere Puffer ansetzen.
Zudem bestehe drittens ohne einheitliche Standards das Risiko, dass Banken ihre systemische Bedeutung ausbauen, ohne dass dies zu höheren Kapitalanforderungen führt. Die EZB hat inzwischen ihre Methodik zur Festlegung eines Mindestpuffers – des sogenannten „O-SII floors“ – überarbeitet. Damit soll verhindert werden, dass Kapitalanforderungen zu niedrig angesetzt werden. Doch ihre Möglichkeiten sind begrenzt: Sie darf Mindeststandards setzen – senken kann sie nationale Vorgaben aber nicht. Dass die EZB die Bankenaufsicht stärker zentralisieren möchte, wundert nicht. Die nationalen Aufseher sehen das naturgemäß anders.