Hippe Filialen als Akt der Verzweiflung
Viel Geld investieren Banken derzeit in den Umbau ihrer Filialen, um wieder mehr Kunden in die Geschäftsstellen zu locken. Doch die Liebesmüh könnte vergeblich sein.

Im Schalterraum herrscht oft gähnende Leere, Personal und Miete mutieren zum Kostenfaktor. Folgerichtig schrumpft die Zahl der Zweigstellen seit Jahren: Zwischen 2003 und 2023 haben Sparkassen und Genossenschaften laut Bundesbank-Statistik jede zweite Filiale geschlossen, die Großbanken haben sogar 70% dichtgemacht. Die verbliebenen bauen sie jetzt immer häufiger aufwändig um. Das ist zwar keine ganz neue Entwicklung, aber Architekten berichten von einem neuen Auftragsschub. Die Banken wissen offenbar weiterhin nicht recht, was sie mit den Räumen sonst tun sollen. „Die Filialen, die erhalten bleiben, brauchen ein zukunftsfähiges Konzept, ansonsten wird es schwierig, sie zu rechtfertigen“, sagt Konrad Greilich, Banking-Experte beim Digital-Branchenverband Bitkom.
Bargeld gibt’s am Automaten und im Supermarkt, überwiesen wird online, die teure Schalteröffnung braucht eine neue Daseinsberechtigung. „Der Fokus liegt auf Beratung statt dem Abwickeln von Zahlungsverkehr, das spiegelt sich auch in den Designs wider“, berichtet Heiner Kolde, Geschäftsführer des Architektenbüros bkp, das regelmäßig Banken modernisiert. Einige Filialen legen den Fokus auf Immobilienberatung, integrieren etwa Smart-Home-Konzepte, die Kunden dann in der Filiale ausprobieren können. Andere integrieren Flagship-Stores in die Bank. Oder sie lassen Veranstaltungsanbieter Tickets verkaufen.
Ein neues Konzept verfolgt bkp etwa bei der Stadtsparkasse Düsseldorf. Die Architekten haben im Stadtteil Oberbilk Anfang 2024 einer Filiale mit Lounge-Möbeln und offenem Grundriss Wohnzimmer-Atmosphäre eingehaucht. In unterschiedlich gestalteten Extra-Räumen können Kunden über Video mit einem Serviceberater sprechen. Es gibt Café-Ecken für den ungezwungenen Austausch, vermittelt werden soll eine Atmosphäre wie am Küchentisch statt steifer Banker-Beratung. „Das Feedback der Kunden ist bislang sehr positiv“, sagt Dirk Günthör, Direktor für Privatkunden Regionalmärkte bei dem Kredit-institut. Schon sind weitere Filialen im Umbau, je nach Standort lässt sich die Sparkasse den Wohnzimmerlook zwischen 500.000 Euro und 1,5 Mio. Euro kosten, sagt Günthör.
Ob so allerdings neue Kunden kommen? Das lasse sich noch nicht beziffern, gibt er zu. Ein Blick in die Branchenzahlen lässt jedenfalls daran zweifeln, dass die Renovierung einer Bankfiliale neues Leben einhaucht. „49% der Kunden sagen, ihnen würde nichts fehlen, wenn es keine Bankfilialen mehr geben würde“, berichtet Bitkom-Experte Greilich mit Verweis auf eine neue Studie. Das ist wenig verwunderlich, da inzwischen selbst 54% der Über-65-Jährigen ihre Bankgeschäfte überwiegend online tätigen.
Cafés, Paketannahmestellen und Pop-up-Stores werden auch nichts daran ändern, dass der Bedarf an Filialen weiter sinkt, glaubt auch Phillipp Bulis, Partner bei Oliver Wyman mit Fokus auf Privat- und Geschäftskundenbanking. „Das sind für Kreditinstitute eher Notlösungen, um überflüssige Flächen zu nutzen.“ Die bisherige Erfahrung habe aber auch gezeigt: „Es gibt nicht so viele Synergien, wie erhofft.“ Kommen Kunden auf einen Kaffee vorbei, bleiben sie deswegen eben noch lange nicht fürs spontane Baufinanzierungsgespräch.