Joussen geht bei Tui von Bord
Die Ausstiegsklausel mit Frist zum Juni 2022 hatten ihm die Stabilisierungspakete des Staates zur Tui-Rettung in seinen Vertrag gespült. 2020 hatte Joussen diese Option noch verschmäht, nun zieht er sie.
Sehr aufgeräumt geht es dabei in Hannover zu. In einem Brief an seine Mitarbeiter unterstrich der Manager zwar, dass ihm die Entscheidung nicht leicht falle. Doch nach turbulenten Jahren mit Corona, Existenzsorgen, ohne Boni wegen der Staatshilfen und zuletzt noch mit Krieg in der Ukraine dürfte es für den 59-Jährigen auch befreiend sein. So kommuniziert wird es freilich nicht. Joussen betont in seinem Schreiben Geleistetes und bricht zudem eine Lanze für die neue Tui-Spitze. CFO Sebastian Ebel soll das Ruder zum neuen Gj. ab Oktober übernehmen. Das Finanzressort geht mit Mathias Kiep ebenfalls an einen internen Kandidaten (mit Investment Banking-Erfahrung bei BNP Paribas und Lazard). Als Chef-Controller war auch Kiep maßgeblich an der Krisenbewältigung beteiligt (u. a. für Kapitalerhöhungen zuständig). Die interne Nachfolgeregelung freut Joussen und auch AR-Chef Dieter Zetsche ist voll des Lobes für das neue „Zahlen-Duo“.
Denn auch wenn die harte Krise vorbei scheint und Joussen weiter einen starken Reisesommer mit Kundenzahlen nahezu auf 2019er Niveau prognostiziert, sitzt Tui noch auf hohen Schulden (H1 2022: -3,9 Mrd. Euro). Diese abzubauen, die Bilanz zu stärken und dabei auch die Transformation des Konzerns voranzutreiben, hat neben den operativen Herausforderungen durch die Pandemie-Spätfolgen in der Reiseindustrie oberste Priorität. Dass Ebel und Kiep den Konzern bestens kennen, sollte helfen. Ob es reichen wird, das profitable Wachstum zurückzubringen, muss sich zeigen. Zum Halbjahr hatte sich der Konzernverlust (ber. EBIT) mit der anziehenden Reisenachfrage und höheren Preisen auf -603,5 Mio. (Vj. -1,3 Mrd.) Euro mehr als halbiert (Umsatz: +3,8 Mrd. auf 4,5 Mrd. Euro). Wie viel noch im lfd. Gj. erreicht werden kann, Joussen peilt zumindest im Tagesgeschäft schwarze Zahlen an, hängt von der erfolgreichen Umsetzung des hohen Buchungsstandes ab. Und hier kann sich auch Tui vom Chaos an den Airports und im Flugbetrieb nicht entkoppeln. Es bleibt also spannend, wie wohl bestellt Joussen das Tui-Haus wirklich übergeben kann.