Lagarde kritisiert Frankfurt wegen Chaos um Europäische Schule
Eigentlich sollte die EZB-Chefin Frankfurt loben, doch sie teilte aus. Auf einer Finanzkonferenz ging es auch an anderer Stelle hitzig zu.

Als sich Christine Lagarde am Mittwoch beim Frankfurt Finance & Future Summit an die Frankfurter Finanzcommunity wandte, ließ der erste Teil des Titels ihrer Rede – „Frankfurt First“ – eine Lobeshymne auf den Heimatstandort der Notenbank erwarten. Was folgte, war das Gegenteil. Der Grund: Das anhaltende Chaos um die Europäische Schule in Frankfurt.
Die Schule für Mitarbeiter der EU-Institutionen stößt am aktuellen Standort längst an ihre Kapazitätsgrenzen. Weil die Räume nicht ausreichen, musste die Schule mithilfe der EZB Container aufstellen lassen, um den Unterricht überhaupt noch zu ermöglichen. Vertraglich hat sich Stadt gegenüber der EZB verpflichtet, ein passendes Grundstück für die Schule bereitzustellen. Seit über einem Jahrzehnt sucht sie bereits eine passende Fläche – ohne wesentliche Fortschritte. Und die Schülerzahlen steigen immer weiter.
„Ich hoffe, dass alle Behörden ihre Kräfte bündeln und zeigen, dass wir nicht 20 Jahre warten müssen, um containerbasierte Bildung durch eine anständige und solide Bildungsinfrastruktur zu ersetzen“, sagte Lagarde auf der Veranstaltung der Weimer Media Group. Sie sei fest davon überzeugt, dass der Oberbürgermeister weiter konstruktiv daran arbeiten werde, der internationalen Gemeinschaft in Frankfurt Schulgebäude zur Verfügung zu stellen, die sie verdienten. „Das war ein Versprechen.“
Frankfurts offene Versprechen
Lagarde erinnerte daran, dass mehr als 5.000 Personen in Frankfurt für EU-Institutionen arbeiten, mit ihren Familien hier leben, beruflich aktiv sind und ihre Kreditkarten in der Stadt nutzen. „Doch mit gemeinsamen Vorteilen kommen auch gemeinsame Verantwortlichkeiten.“ Die EU-Institutionen seien in der Stadt angesiedelt worden in der festen Überzeugung, dass die Stadt auch die nötige Infrastruktur bereitstellen würde. Als Frankfurt mit Paris um den Sitz der EU-Anti-Geldwäschebehörde (AMLA) rang, warb die Stadt ausdrücklich mit dem Versprechen, durch die Europäische Schule eine „qualitativ hochwertige, multilinguale und interkulturelle Ausbildung“ zu bieten. Bereits bei der Einweihung neuer Unterrichtscontainer im September hatte Lagarde die Stadt Frankfurt massiv kritisiert.
Abgesehen von ihrem lokalen Anliegen äußerte sie Unterstützung für den Vorstoß von Bundeskanzler Friedrich Merz, eine gemeinsame europäische Börse zu schaffen. „Wenn wir es ernst meinen, müssen wir die Bankenunion vollenden und die gleiche Logik auf die Kapitalmärkte anwenden: ein einheitliches Regelwerk, eine einheitliche Aufsicht und eine Konsolidierung der Börsen“, sagte sie. Im Jahr 2023 habe es in Europa 295 einzelne Handelsplätze und 32 zentrale Verwahrstellen gegeben. „Diese Fragmentierung entzieht dem Markt Liquidität, macht den europäischen Markt weniger attraktiv für Börsennotierungen und zwingt unsere Unternehmen dazu, Kapital weltweit zu suchen.“
Sewing streitet mit Bundesbank-Vorstand Theurer
Neben Lagarde zählten auch Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp, Deutsche Bank-CEO Christian Sewing und der für die Bankenaufsicht zuständige Bundesbank-Vorstand Michael Theurer zu den prominenten Gästen. Auffällig hier waren die unterschiedlichen Sichtweisen zur Bankenregulierung. Theurer verteidigte die Linie der Bundesbank, Bürokratie abzubauen, aber keine De-Regulierung zu betreiben. Er verwies auf die beiden US-Regionalbanken, die in der vergangenen Woche wegen Betrugsfällen zeitweise für starke Kursschwankungen gesorgt hatten. Dies zeige, dass zumindest unter der Oberfläche eine hohe Nervosität herrsche. Sewing hielt dagegen. „Ich möchte davor warnen, dass wir diese zwei Beispiele nehmen, um zu sagen, wir dürfen aber jetzt nicht weiter simplifizieren.“ Das sei, als würde in einer Krankenhausabteilung ein Patient versterben – und alle anderen 360 Patienten im Krankenhaus dann dieselbe Behandlung erhalten, sagte Sewing. Er wolle aber die Deutsche Bank und andere Banken nicht als Krankenhauspatienten bezeichnen.