Ringen um EZB-Spitzenposten geht in die heiße Phase
Die Amtszeit von Lagardes Stellvertreter de Guindos läuft im Mai 2026 aus, dies ist nicht die einzige Personalie. Wer als Nachfolger gehandelt wird und was das für weitere Personalien bedeutet.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat Spekulationen über ein vorzeitiges Ausscheiden aus ihrem Amt zuletzt deutlich zurückgewiesen. Trotzdem beginnt demnächst das Stühlerücken in der EZB-Zentrale. Der wichtigste Posten, der frei wird, ist der von Lagardes Stellvertreter Luis de Guindos, dessen Amtszeit im Mai 2026 endet. Angesichts des langen Ernennungsprozesses mit Anhörungen im Europaparlament und Abstimmungen müssen sich die möglichen Kandidaten jetzt in Position bringen. Die Entscheidung ist auch wichtig für die Nachfolge von Lagarde, deren Posten im November 2027 frei wird.
So unterstützte die deutsche Regierung 2010 den Portugiesen Vitor Constancio und 2018 den Spanier de Guindos als EZB-Vizepräsidenten. Die Logik dahinter: Kommt ein Südeuropäer als Vize zum Zug, steigen die Chancen für einen Nordeuropäer an der EZB-Spitze. Eine mögliche Kandidatin für die de Guindos-Nachfolge wäre die bisherige Vizechefin der spanischen Notenbank, Soledad Núñez. Aktuell sind nur zwei von 26 Mitgliedern im EZB-Rat, der die Zinsentscheidungen fällt, Frauen. Im EZB-Direktorium, das die Geschäfte der EZB führt, sind es zwei von sechs Mitgliedern. Nach einem ungeschriebenen Gesetz stellen die vier großen Euro-Länder Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien je einen Vertreter im EZB-Direktorium. Das galt jedoch für Spanien nicht immer. Außerdem führt mit Pablo Hernández de Cos ab Juli bereits ein Spanier die BIZ. Bisher waren die Osteuropäer noch nie in der EZB-Führung. Das könnte für den Letten Martins Kazaks oder den Esten Madis Müller sprechen. Der politische Einfluss der Balten in der EU ist aber begrenzt.
Ein politisches Schwergewicht wäre der finnische Notenbankchef Olli Rehn. Der promovierte Ökonom war von 2010 bis 2014 EU-Währungskommissar. Dass er weiter Ambitionen hegt, zeigte er mit seiner Kandidatur bei der finnischen Präsidentschaftswahl 2024. Die de Guindos-Nachfolge ist die wichtigste EZB-Personalie, aber nicht die einzige. Auch die Amtszeit von Frank Elderson als Vizechef der EZB-Bankenaufsicht SSM läuft im Februar 2026 aus. Die Krux: Seine Amtszeit im EZB-Direktorium endet erst Ende 2028. Seine Vorgängerin als SSM-Vize, Sabine Lautenschläger, musste den Posten aufgeben, weil es keine Verlängerungsoption gab. Hier hat sich die EZB durch eine Regeländerung im Sommer 2024 Spielraum geschaffen. Nach den neuen Regeln kann die Amtszeit bis zum Ende der Mitgliedschaft im Direktorium verlängert werden. Hierfür sind jedoch die neuerliche Zustimmung des Europaparlaments und ein Ernennungsbeschluss des Rates nötig. Dennoch spricht viel dafür, dass Elderson seinen Posten behält.