Risikovorsorge – Droht den Banken ein böses Erwachen?
Als im Frühjahr 2020 die Corona-Pandemie Deutschland überrollte, schraubten die Banken umgehend ihre Vorsorge für faule Kredite kräftig in die Höhe. Schnell war von einer drohenden Pleitewelle der im Lockdown gefangenen Unternehmen die Rede. Doch die ist bis heute ausgeblieben.
Mit gewaltigen Hilfs-programmen, Kurzarbeitergeld und billigen KfW-Krediten half die Politik den Unternehmen, die Corona-Durststrecke weitgehend unbeschadet zu überstehen. Im Sommer 2022 scheinen die konjunkturellen Aussichten kaum weniger dramatisch. Angesichts im Gefolge des russischen Überfalls auf die Ukraine rasant gestiegenen Energiepreisen und einem möglichen Gasnotstand im Winter gilt vielen Ökonomen ein Abgleiten Deutschlands in die Rezession als ausgemachte Sache. Zuletzt mehrten sich bereits die Klagen besonders gasintensiver Unternehmen, die aufgrund der hohen Energiepreise ihre Produktion einschränken müssen.
Doch anders als zu Beginn der Corona-Krise scheint die Risikopolitik der Banken diesmal erstaunlich gelassen auf die heranziehenden Gewitterwolken am Konjunktur-Horizont zu reagieren. So stockte die Deutsche Bank im zweiten Quartal ihre Risikovorsorge um überschaubare 233 Mio. Euro auf. Die Commerzbank begnügte sich mit 106 Mio. Euro und die DZ Bank legte sogar nur 60 Mio. Euro zurück. Fast scheint es, als würden die Banken auch diesmal wieder darauf vertrauen, dass der Staat die in der erwarteten Rezession besonders in Bedrängnis geratenen Unternehmen schon heraushauen wird. Tatsächlich bringt die Ampel-Regierung gerade ihr bereits drittes Entlastungspaket auf den Weg.
Ganz so blauäugig sind die Institute allerdings nicht. Denn viele Banken haben 2021 der Versuchung widerstanden, ihre aufgehäufte Corona-Vorsorge zur Ergebnispolitur aufzulösen. So steht der Commerzbank per Ende Juni noch ein zusätzlicher Puffer von 564 Mio. Euro zur Verfügung und die DZ Bank konnte ihre Netto-Vorsorge im zweiten Quartal nur deshalb so niedrig halten, weil sie zur Abdeckung der Risiken aus dem Ukraine-Krieg (270 Mio. Euro) auf nicht genutzte Corona-Vorsorge (300 Mio. Euro) zurückgreifen konnte.