Unzer nimmt nach BaFin-Krach neuen Anlauf für Wachstum

Der neue Unzer-CFO Götz Möller, erst seit Anfang Januar im Amt, zeigt sich bereits voller Tatendrang: „Wir sehen uns auf dem besten Weg, um Marktanteile zu gewinnen“, sagt Möller gegenüber PLATOW. 2024 sei im Vergleich zu 2023 „bereits sehr erfolgreich“ verlaufen. Die finalen Zahlen des Zahlungsdienstleisters liegen noch nicht vor, aber Möller rechnet mit einem bereinigten EBITDA von „über 30 Mio. Euro“. Das wären 3 Mio. mehr als im Vorjahr. Beim Umsatz peilt Unzer laut Möller ein „zweistelliges Wachstum“ an. Im Jahr 2023 hatte das Unternehmen 207 Mio. Euro erzielt.
Vergessen scheinen die Probleme der Vergangenheit, in der sich das Unternehmen wegen Verstößen gegen das Geldwäschegesetz mit der BaFin auseinandersetzen musste. Die Aufsicht verhängte zeitweilig sogar ein Neukundenverbot und bestellte einen Sonderbeauftragten. Die Querelen führten auch zu einer neuen Gesellschafterstruktur. Die Mehrheitsaktionäre sind heute Alcentra Asset Management, Goldman Sachs Asset Management und Partners Group, die bereits zuvor Kreditgeber waren. Nach Darstellung von Möller ist die Konstellation ein Gewinn. Der Eigentümerwechsel habe die Kapitalstruktur gestärkt und die Liquidität erhöht, „so dass wir mehr Spielraum für strategische Investitionen haben, die unser Wachstum vorantreiben“.
Optimistisch stimme vor allem ein Mentalitätswandel, ergänzt Chief Commercial Officer Pascal Beij: „Wir sehen in allen Märkten eine deutliche Verschiebung von Bargeld hin zu Kartenzahlungen.“ Dies gelte insbesondere in bargeldlastigen Ländern wie Österreich und Deutschland. Genau dort, neben Luxemburg und den nordischen Ländern, liege der Wachstumsfokus des Unternehmens, sagt der CCO. Entgegen anders lautenden Studien sieht Finanzchef Möller den Zahlungsverkehr in Deutschland „insbesondere im internationalen Vergleich“ nicht als teuer an. Aufgrund des starken Wettbewerbs und der Vielzahl an Bezahlverfahren seien die Margen hierzulande „eher gering“. Da die reine Zahlungsabwicklung mit Standardprodukten austauschbar ist, will sich Unzer durch direkten und individuellen Service profilieren, etwa beim kurzfristigen Austausch beschädigter Hardware. „Genau darin sind wir stark, und dafür sind die Kunden bereit, mehr zu bezahlen“, sagt Möller.
Die Konjunkturdellen seien spürbar, sagt CCO Beij. Insofern spüre das Unternehmen, dass die Verbraucher zurückhaltend einkaufen. Es gebe mehr Insolvenzen als vor der Corona-Pandemie, vor allem bei jungen Start-ups. Grundsätzlich sei Unzer aber „sehr gut positioniert, da wir sehr breit aufgestellt sind“. In Bezug auf den digitalen Euro bleibt Unzer zurückhaltend. Als Zahlungsverkehrsdienstleister sei man grundsätzlich den Bedürfnissen der Kunden verpflichtet und werde Zahlungen mit dem digitalen Euro ermöglichen. Möller warnt jedoch, dass die Einführung für die gesamte Branche „erhebliche Investitionen erfordert“.