Verdrängung statt Wachstum? Der Kampf um Hamburgs Millionäre
Deutschlands zweitgrößter Private Banking-Markt ist heiß umkämpft. Traditionshäuser und Neulinge ringen um Marktanteile. Dabei verfolgen sie unterschiedliche Strategien.

Hamburg zählt zu den lukrativsten Private Banking-Märkten Deutschlands – und zu den härtesten. Die Stadt vereint unternehmerisches Vermögen, das oft über Generationen weitergegeben wird, und enge Netzwerke. Wer neue Kunden gewinnen will, muss sie anderen abjagen. Neue Anbieter wie LGT und J.P. Morgan treten mit finanzieller Schlagkraft auf – sie locken Berater, setzen auf gezieltes Rosinenpicken im Wealth Management.
Harter Wettbewerb
„Der Wettbewerb ist historisch schon immer sehr groß im Hamburger Markt. Stärker als zum Beispiel in München“, sagt Jens Wiegel, Leiter Private Banking & Wealth Management bei zeb Consulting. Nach Berechnungen der Beratung belief sich das Ertragspotenzial im Private Banking und Wealth Management in Deutschland 2023 auf 22,6 Mrd. Euro. Davon entfielen 1,6 Mrd. auf den Großraum Hamburg – damit liegt die Stadt hinter München (2,2 Mrd. Euro) und vor Frankfurt (1,3 Mrd. Euro) deutschlandweit auf Platz zwei.
Die Konkurrenz wächst in Hamburg durch Neulinge. Zuletzt eröffneten etwa die LGT, das Bankhaus Seeliger und J.P. Morgan Standorte. Die Liechtensteiner warben ein ganzes Beraterteam von Berenberg ab. Zudem sind ohnehin viele Traditionshäuser in der Hansestadt präsent: Berenberg, Warburg oder Donner & Reuschel. Hinzu kommen starke Regionalbanken: „Die Haspa und Hamburger Volksbank sind im Private Banking-Segment stärker in der Reichweite und Kundendurchdringung als viele andere Regionalbanken in anderen Regionen“, sagt Wiegel.
Unternehmergeld statt Immobilienvermögen
Im Vergleich zu München und Frankfurt fällt vor allem die unternehmerische Prägung des Marktes auf. „Hamburg hat überdurchschnittlich viel unternehmerisches Vermögen – deutlich mehr als Frankfurt oder München“, erklärt Wiegel. Bei den Immobilienvermögen und den Einkommenskunden hänge es hingegen hinter den beiden anderen Metropolen zurück. André Nogat, Leiter Wealth Management Hamburg bei Berenberg, führt den Reichtum vor allem auf den Handel zurück, historisch bedingt durch die Nähe zum Hafen. „Es gibt sehr starke Netzwerke, oft über vier Generationen hinweg.“ Berenberg, die Privatbank mit Sitz in Hamburg, hat kürzlich eine neue Zentrale in Hamburg bezogen und gehört zu den Platzhirschen am Markt.
Traditionshäuser wie Berenberg, Warburg oder die Haspa sind passend zum Standort vor allem auf der Unternehmensseite stark. Sie bieten zum Beispiel Firmenkredite, M&A Geschäft, strukturierte Finanzierungen sowie Unterstützung bei Börsengängen und Kapitalmarkttransaktionen an. Der Zugang zu vermögenden Kunden läuft oft über das Firmenkundengeschäft. „Unsere Zielgruppe bleibt das unternehmerisch geprägte Umfeld. Wir sind selbst Mittelständler und verstehen Unternehmer – das ist unser Kernsegment“, sagt Nogat.
Neulinge kommen über die private Seite
Neue Anbieter wie LGT oder J.P. Morgan kommen dagegen eher über die private Seite, sprechen gezielt die Erbengeneration an. Das Kalkül: Wenn Unternehmer ihr Vermögen vererben, sind die familiären Bindungen zur Hausbank weniger stark. J.P. Morgan etwa adressiert Kunden ab zehn Millionen Euro liquiden Vermögens.
Laut Zahlen von zeb zeigt sich der Wettbewerb deutlich. So lag das Asset-Wachstum im deutschen Private Banking demnach zuletzt bei 9 bis 10% – traditionelle Privatbanken wuchsen seit 2019 aber nur noch mit durchschnittlich 3%. Offen bleibt, ob die Neulinge ihre offensive Strategie dauerhaft durchhalten. „Neue Player starten aggressiv, aber das sind Zyklen – nach der Aufbauphase nimmt die Präsenz ab“, meint Nogat.
Zunächst treiben die Neulinge jedoch die Gehälter und damit Kosten in der gesamten Branche in die Höhe. „Finanzkräftige Wettbewerber wie die LGT sorgen für mehr Preisdruck“, sagt Dennis Hummelmeier, Leiter Wealth Management für Deutschland bei Berenberg. „Die Inflation hat nicht nur im Supermarkt stattgefunden, sondern auch die Gehaltsstrukturen der Banken beeinflusst.“ Der Hamburger Private Banking-Markt ist auf jeden Fall in Bewegung. Neue Anbieter drängen hinein, alte Strukturen geraten unter Druck. Absehbar ist aber auch: Auf Dauer wird wohl nicht für alle Anbieter Platz sein.
In der Private Banking-Serie erschienen:
Teil 1: Verdrängungskampf am deutschen Private Banking-Markt
Teil 2: So will die LLB den Markt erobern
Teil 3: Private Banking wächst kräftig, Berater heiß umkämpft
Teil 4: Bankhaus Seeliger setzt auf Erfolg in der Nische
Teil 5: LGT präsentiert Expansionsplan für Deutschland
Teil 6: Berenberg will stark wachsen – auch durch Zukäufe
Teil 7: V-Bank – Die stille Macht im Private Banking
Teil 8: DZ Privatbank setzt auf Nähe zum Kunden
Teil 9: Frankfurter Bankgesellschaft setzt auf zweistelliges Wachstum
Teil 10: Merck Finck setzt auf lokale Wurzeln und ein europäisches Netz
Teil 11: Private Equity – Privatbanken unter Zugzwang
Teil 12: Metzler-Chef sieht erste Früchte der neuen Strategie
Teil 13: Fintech investify nimmt mit Partnern Sparkassen-Depots ins Visier
Teil 14: US-Anbieter fordert Banken im Kampf um Superreiche heraus
Teil 15: Oddo BHF will bei Unternehmen und Family Offices kräftig wachsen
Teil 16: Bethmann HAL will ABN Amro-Bilanz bei Vermögenden ausspielen
Teil 17: Castell-Bank – Was die Traditionsbank von Neo-Brokern lernen will
Teil 18: Berliner Bankenwelt – Wie sich ein ungleiches Pärchen gefunden hat