„Warburg ist viel mehr als Cum-Ex!“
Mit der Berufung von National-Bank-Chef Thomas Lange an die Spitze des Aufsichtsrats zielt Warburg auf eine bessere Reputation. Der Weg zur Normalität ist gleichwohl noch weit.

Ist es besser, über „Cum-Ex“ zu reden oder zu schweigen? Die Privatbank M.M. Warburg windet sich: Sie setzt Thomas Lange (62), Chef der privaten National-Bank in Essen, an die Spitze des Aufsichtsrats, meidet aber in der zugehörigen Mitteilung von Montag das böse Wort. Stattdessen ist von einer vorherigen „neuralgischen Phase“ der Bank die Rede, während Lange den Zusammenhalt in der Bank „auch in schwieriger Zeit“ lobt.
Im Gespräch mit PLATOW äußert sich Lange hingegen eindeutig. „Warburg ist viel mehr als Cum-Ex!“, sagt er. Die Bank will er als Hamburger Traditionshaus verstanden wissen, das in einem Atemzug mit Metzler, Berenberg und anderen genannt werden kann und das sich in der Hansestadt verdient gemacht hat. „In meiner neuen Rolle möchte ich dazu beitragen, ein Traditionshaus wieder auf einen Wachstumskurs zu bringen.“
Strafverfahren mit langem Echo
Lange hatte bereits im Juni im Interview mit PLATOW erklärt, auch mit zunehmendem Alter für neue Aufgaben aufgeschlossen zu sein. Er muss darauf vertrauen, dass Warburg die Reputationskrise überwinden kann.
In den Strafprozessen zur Aufarbeitung der illegalen Cum-Ex-Geschäfte, die bekanntlich auf eine doppelte Erstattung einmalig gezahlter Kapitalertragssteuer abzielten, stand Warburg in besonderer Weise in der Öffentlichkeit: Erst sah sich die Bank zu einer Rückzahlung von Steuern in Höhe von insgesamt 155 Mio. Euro im Laufe des Jahres 2020 genötigt, ehe das Landgericht Bonn im Juni 2021 einen ehemaligen Generalbevollmächtigten der Bank zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilte. Der ehemalige Warburg-Chef Christian Olearius (83) stand zwischenzeitig selbst vor Gericht, ehe das Verfahren wegen seines Gesundheitszustands im vergangenen Jahr beendet wurde.
Olearius und sein Partner Max Warburg haben ihre Anteile neu geordnet. Ein Darlehen zur Begleichung der früheren Cum-Ex-Steuerschulden hat Olearius zum Teil verlängert und zum Teil beglichen. Ein Einstieg neuer Investoren ist nun weniger dringlich, das Verfahren liegt auf Eis. Ihr Kapitalmarktgeschäft hat die Gruppe aufgegeben und konzentriert sich auf Private Banking und auf das Firmenkundengeschäft.
Mit Lange pflegen die Eigentümerfamilien nach unseren Informationen eine persönliche Beziehung, die bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten währt. Olearius und Warburg halten sich mittlerweile zurück und tauchen in der aktuellen Mitteilung nicht als Zitatgeber auf.
Wechsel des IT-Systems
Warburg begründet die Berufung Langes unter anderem mit dem anstehenden IT-Wechsel zur Atruvia im Mai 2026. Die National-Bank hat diesen Schritt bereits vollzogen. Allerdings ist die Personalie für Warburg aus anderen Gründen ein Erfolg: Der Manager führt bereits seit 2007 die National-Bank, die solide wirtschaftet und unauffällig agiert und damit für Warburg ein Vorbild sein kann. Mit Lange kommt zudem Heiko Fischer (58), Chef des Schienenlogistikers VTG und damit ein Mann der Realwirtschaft, in den Aufsichtsrat der Warburg Bank.
Allerdings ist Warburg noch wackelig auf den Beinen. So schrieb die Bank im Jahr 2024 moderate Gewinne, doch hätte sie ohne den Betrieb von Seeschiffen und weiteren sonstigen Erträgen Verluste gemacht. Auch deshalb ist ein Signal der Stabilität für die Bank wichtig.
Lange ist schon in vielen Aufsichtsräten präsent gewesen. Jüngst lief sein Mandat bei der Bürgschaftsbank Nordrhein-Westfalen aus – das schafft Raum für die neue Rolle bei Warburg, denn die Aufsicht begrenzt bekanntlich die Zahl der Mandate. Im Konzerngeflecht der Signal Iduna, die auch Teile der National-Bank besitzt, gehört Lange den Aufsichtsräten des Finanzvermittlers OVB und der Fondsgesellschaft Hansainvest an. In früheren Jahren begleitete er jeweils als Aufsichtsratschef den Abbau der Valovis Bank und der Düsseldorfer Hypothekenbank.
Ein Kommen und ein Gehen
Platz für Lange und Fischer musste aber offenbar erst geschaffen werden. Der bisherige Aufsichtsratsvorsitzende Reiner Brüggestrat (69) sowie der Aufsichtsrat Claus Nolting (74) legen ihre Ämter „im allerbesten freundschaftlichen Einvernehmen“ nieder. Lediglich Burkhard Schwenker (67) bleibt als stellvertretender Vorsitzender im Amt. Kein Neuanfang ohne Abgänge.