Wie die ING den deutschen KMU-Markt aufrollen will

Über die gesamte ING Gruppe brachte das KMU-Kreditgeschäft per Ende 2023 einen satten Vorsteuergewinn von 2 Mrd. Euro ein. Und bis Ende des dritten Quartals 2024 machte das KMU-Lending bereits 20% aller Kredite (545 Mrd. Euro) aus, wobei der Großteil des Geschäfts offensichtlich nicht aus dem deutschen KMU-Banking kam. Dort konnte die ING bis Ende 2023 erst 384 Mio. Euro an Kreditvolumen verbuchen. Das sind zwar 34% mehr als noch im Jahr zuvor, aber den Sprung zur Milliarde dürfte die ING auch 2024 nicht schaffen. Im Vergleich zum eigenen Wholesale-Banking (Kreditvolumen über 30 Mrd. Euro) ist das Geschäft noch winzig.
Ändern will die ING das mit einem Geschäftskonto und Zinsen von mehr als 3%, was deutlich mehr ist als bei der Standard-Sparkasse, und einem vollkommen digitalen Angebot. Doch ein Durchbruch im so wichtigen Kreditgeschäft dürfte deutlich schwerer fallen als beispielsweise im Heimatmarkt. Denn Deutschland tickt anders als die meisten anderen europäischen Märkte. Hierzulande ist die Verzahnung zwischen KMUs und Sparkassen bzw. Volksbanken eng. Allein die Sparkassen-Finanzgruppe hatte Ende September einen Kreditbestand in Höhe von über 540 Mrd. Euro, teilt der DSGV mit – der überwiegende Teil davon sei aus dem KMU-Bereich. Das liegt auch an dem dichten Filialnetz, das einen engen persönlichen und regionalen Kontakt ermöglicht. „Nähe schafft Vertrauen”, heißt es selbstbewusst vom Verband. Und man kann das auch als kleine Spitze lesen: Warum sollte eine rein digitale Bank uns gefährlich werden, wo wir die Leute doch vor Ort kennen?
Auch die Zahlen sprechen derzeit noch gegen die Niederländer. Allein Sparkassen haben im Firmenkundengeschäft einen Marktanteil von rund 40%, ausländische Banken kommen nur auf 5%. An dem, was die ING jetzt versucht, haben sich in der Vergangenheit schon andere die Zähne ausgebissen. Erst ausländische Banken, später auch Fintechs, die reihenweise scheiterten. Entsprechend entspannt nimmt man die Versuche im Sparkassen-Lager auf, wo sie sich über die neue Konkurrenz „freuen.”
Doch wo die Sparkassen sich stark fühlen, wähnt die ING deren Schwäche – und will statt mit Vor-Ort-Kompetenz mit digitalen Angeboten punkten. Man wolle in „die Lücke zwischen traditionellen Geldhäusern und FinTechs” stoßen. „Das Unternehmertum ist in Deutschland aus unserer Sicht unterversorgt mit digitalem Banking zu fairen Konditionen”, heißt es von der ING.