Wie Orlopp in Washington für eigenständige Commerzbank wirbt

Schon kurz nach ihrer hastigen Berufung zur neuen Commerzbank-CEO hatte Orlopp ihren Terminkalender eilig freiräumen lassen, um zusammen mit ihrem Vize Michael Kotzbauer nach Washington zur IWF-Jahrestagung fliegen zu können. Gilt das Meeting mit seinem Beiprogramm an Empfängen und Kundenveranstaltungen doch als idealer Marktplatz, um an einem Ort in kurzer Zeit zahlreiche Top-Banker und Investoren aus aller Welt zu treffen. Diese Gelegenheit wollte sich die um den Erhalt der Eigenständigkeit der Commerzbank kämpfende Orlopp nicht entgehen lassen.
Bei ihrer Begrüßungsansprache auf der traditionellen Bootstour der Commerzbank auf dem Potomac packte Orlopp den im Raum stehenden unsichtbaren Elefanten, der sie bei allen ihren Gesprächen in Washington begleitete, direkt an den Stoßzähnen. „Ja, wir haben einen neuen Großaktionär“, spielte Orlopp auf die Übernahmegelüste von Unicredit-Chef Andrea Orcel an. Sie sehe dies auch als ein Signal für die wiedergewonnene Stärke der Commerzbank, bekräftigte Orlopp ihr Mantra. Noch vor vier Jahren wäre niemand auf die Idee gekommen, in die damals malade Commerzbank zu investieren. Der Vorstand habe jedoch eine gute Strategie, die auf dem Kapitalmarkttag im Februar nochmals nachgeschärft werden soll, mit der die Commerzbank als eigenständiges Institut langfristig Wert für alle Aktionäre und Kunden schaffen könne.
Wenn ein konkretes Übernahmeangebot aus Italien auf dem Tisch liege, werde der Vorstand dies auf „neutraler Basis“ bewerten, beteuerte Orlopp. Unabhängig davon werde sich der Vorstand weiterhin voll auf das Tagesgeschäft konzentrieren. Nicht mit an Bord waren diesmal übrigens die Vertreter des Finanzministeriums, die es aus nachvollziehbaren Gründen vorzogen, sich lieber nicht bei der Commerzbank blicken zu lassen. Lediglich einige Bundestagsabgeordnete, darunter auch Mitglieder der FDP-Fraktion, scheuten sich nicht, Orlopp ihre Aufwartung zu machen.