Bankenaufsicht – Zahlen allein reichen nicht
Abwehrend hob Lorenzo Bini Smaghi die Hände, als wir ihn am Rande der Frankfurter „Conference on the Banking Union“ fragten, ob sich Investoren vielleicht einfach mit dauerhaft niedrigeren Renditen für Banken-Aktien anfreunden sollten.
Mut machte die Kursentwicklung vieler Finanzhäuser in den vergangenen Jahren ja eher nicht. Auch die Société Générale, deren Board das Ex-EZB-Direktoriumsmitglied seit 2015 als Chairman vorsitzt, enttäuschte die Anleger gestern (18.9.) mit einer neuen Strategie, die Kosten- und Kapitaldisziplin in den Mittelpunkt stellt.
Kurz nachdem der erst im Mai angetretene CEO Slawomir Krupa den Ausblick präsentiert und dabei auch die Umsatz- und Gewinnprognosen nach unten korrigiert hatte, knickte der Kurs zweistellig ein. Grundsätzlich bleibt Bini Smaghi aber optimistisch für den gesamten Sektor. Eine Menge Arbeit habe man schon erledigt; verglichen mit dem Stand der Dinge vor zehn Jahren, als der SSM als europaweite Struktur der Bankenaufsicht eingeführt wurde, sei die Branche kaum wiederzuerkennen.
Diesen Ausgangspunkt nutzte der Florentiner, um auf der Konferenz am Center for Financial Studies an der Goethe-Universität die nächsten Schritte anzumahnen. Die Governance zu kartieren und Kapitalquoten zu messen, reiche nicht aus. Welche Kultur in den Gremien einer Bank und im gesamten Haus herrsche, sei für das Geschäft und dessen Risiken zentral, im Aufsichts-Prozedere aber immer noch sträflich unterbeleuchtet.
Gute Governance, fand Bini Smaghi, sei schließlich „keine Wissenschaft, sondern eine Kunst“. In Kanada, Australien und anderswo schicken die Regulatoren denn auch schon Verhaltenspsychologen in die Board-Sitzungen. Und EZB-Direktoriumsmitglied und Aufsichts-Vize Frank Elderson, der von derzeit laufenden Pilot-Risikokultur-Analysen in einigen Banken berichtete, kündigte auf der Bühne gleich einen Leitfaden der Zentralbank für Risikokultur und Risikomanagement (ca. Ende 2024) an. np