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Barclays-Chefvolkswirt sorgt sich um Frankreich und Europa

Barclays-Chefvolkswirt Christian Keller erwartet ein Ende der französischen Regierung und große Unsicherheit in Europa. Er erwartet mehr Zinssenkungen der EZB als andere Ökonomen.

von Jan Mallien,
Barclays Bank Logo in London
Barclays Bank Logo in London © AdobeStock

Erstmals liegen die Kreditkosten für Frankreich höher als für Griechenland. Investoren fürchten dort politisches Chaos und überbordende Schulden. Hintergrund ist das bevorstehende Misstrauensvotum gegen die Regierung um Premierminister Barnier.

„Ein Ende der französischen Regierung ist sehr wahrscheinlich,“ erwartet der Chefvolkswirt der britischen Bank Barclays, Christian Keller. Die große Frage sei, ob Präsident Emmanuel Macron im Amt bleibe. „Wir halten das für wahrscheinlich, aber ein Rücktritt würde eine konstitutionelle Krise auslösen.“ Ohnehin schätzt Keller die Aussichten für Europa düster ein. „Mehr Unsicherheit als jetzt in Europa geht kaum.“ Die politische Lage in den beiden größten Volkswirtschaften, Deutschland und Frankreich, sei instabil. Zudem hänge Europa stark vom Handel ab und leide besonders unter Ungewissheiten wie mögliche US-Zölle und schwächelndes China.

Keller geht daher von massiven Zinssenkungen der EZB aus. Barclays prognostiziert, dass sie den Einlagenzins bis Ende 2025 auf 1,5% senken wird. Zum Vergleich: Aktuell liegt er bei 3,25%. Dagegen erwartet er für die USA Ende nächsten Jahres ein Niveau von 3,75%. Der Barclays-Chefvolkswirt sieht die EZB hinsichtlich der Probleme in Frankreich in schwieriger Lage. Sie wolle den Eindruck vermeiden, auf die politische Entwicklung dort zu reagieren. „Das spricht gegen einen großen Zinsschritt von 0,5 Prozentpunkten.“ Auch eine Stützung Frankreichs durch Anleihekäufe über das Not-Programm TPI wäre aus Sicht von Keller politisch heikel. Für eher denkbar hält er, dass die EZB eingreift, wenn Frankreichs Probleme Effekte auf andere Euro-Länder wie Italien oder Spanien haben sollten.

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