Zentralbanken

Die wahre Gefahr für die Unabhängigkeit von Bundesbank und EZB

In Jackson Hole geht es um die Unabhängigkeit der Notenbanken. Das Bau-Fiasko der Bundesbank zeigt aber: Die Gefahr droht in Europa von einer anderen Seite als in den USA.

Jan Mallien,
Das Schild der Deutschen Bundesbank in Frankfurt
Das Schild der Deutschen Bundesbank in Frankfurt © 1take1shot

Auf dem wichtigsten Notenbanker-Treffen in Jackson-Hole geht es dieses Jahr vor allem um ein Thema: Die Unabhängigkeit der Notenbanken. Das ist angesichts der bizarren Attacken von US-Präsident Donald Trump auf die US-Notenbank Fed kein Wunder. In den nächsten Wochen und Monaten wird es absehbar viele Reden von Notenbank-Entscheidern geben, die zu Recht die Bedeutung dieser Unabhängigkeit betonen. Doch man darf nicht vergessen: Die Gefahr für die Unabhängigkeit droht in Europa von einer anderen Seite als in den USA.

Zwei Welten: Fed vs. Europa

Die Verankerung von Notenbanken wie EZB, Bundesbank, Fed oder Bank von England in einer Demokratie ist ein schwieriger Balanceakt: Rechenschaftspflichten auf der einen, größtmögliche Unabhängigkeit auf der anderen Seite. Die Unabhängigkeit der Fed ist rechtlich relativ schwach geschützt. Sie beruht auf einem einfachen Gesetz, das der US-Kongress jederzeit ändern kann. Dafür unterliegt die Fed relativ strikten Rechenschaftspflichten, Fed-Chef Jerome Powell etwa muss sich regelmäßig im Kongress kritischen Fragen stellen. Ganz anders die Bundesbank.

Um zu verhindern, dass sich Politiker in die Arbeit der Geldpolitiker einmischen, gibt es kaum Kontrollen durch Parlamente und nur geringe Rechenschaftspflichten gegenüber den Rechnungshöfen oder der Öffentlichkeit. Warum zum Beispiel wurde der Bericht des Rechnungshofes zum Bundesbank-Bauprojekt nicht im April 2024 veröffentlicht, als er an die Bundesbank und das Bundesfinanzministerium versandt wurde? Dahinter steht das Ziel, die Unabhängigkeit der Bundesbank zu schützen. Dabei zeigt das aktuelle Bau-Fiasko eindrücklich, wo die eigentliche Gefahr für die Unabhängigkeit der Notenbanken in Europa liegt: Nämlich darin, dass sie irgendwann gravierende Fehler machen und dadurch ihre Legitimität verlieren. Denn ihre Unabhängigkeit beruht auf Vertrauen.

Auch die EZB sollte daraus lernen. Ihre Strukturen sind mindestens ebenso fehleranfällig wie die der Bundesbank, nach deren Vorbild sie konzipiert wurde. Sie unterliegt ebenfalls kaum Kontrollen, weder durch Parlamente noch durch Rechnungshöfe. Im EZB-Rat wird stets ein Konsens angestrebt, und selbst ihr Arbeitsrecht kann sie weitgehend autonom setzen. Anders als bei deutschen Behörden und Unternehmen hat der Betriebsrat der EZB keine geregelten Mitbestimmungsrechte. Es fehlt an wirksamen internen und externen Kontrollen, die Machtmissbrauch oder Fehler verhindern könnten.

Was jetzt passieren muss

Interessant ist im internationalen Vergleich, dass es Notenbanken gibt, die weiter sind und deren Unabhängigkeit nicht zur Disposition steht. Ein Vorbild könnte die Bank von England sein. Sie hat in der Finanzkrise schwere Fehler gemacht, die sie aufarbeiten ließ. So sitzen zum Beispiel in ihrem geldpolitischen Ausschuss vier externe Vertreter, um die Meinungsvielfalt zu stärken und neue Ideen einzubringen. Eine interessante Konstruktion ist auch das 2014 eingerichtete unabhängige Evaluierungsbüro, das die Leistung der Notenbank kontrollieren soll und Vorschläge für Verbesserungen macht. Das Evaluierungsbüro soll den Aufsichtsrat (auch ein Gremium, das es bei der Bundesbank und der EZB nicht gibt) bei der Kontrolle der Leistung der Notenbank unterstützen. Das Ziel: Vertrauen stärken und institutionelles Lernen fördern. Genau das braucht auch die Bundesbank. Ein erster Schritt wäre, wenn sie jetzt alle Fakten zum Bauprojekt offenlegt, inklusive der bisherigen Kosten. Außerdem muss sie die Fehler aufarbeiten und daraus Konsequenzen ziehen. Das ist sie den Bürgerinnen und Bürgern aber auch sich selbst schuldig.

Mehr: Inside Bundesbank – Geschichte eines Bau-Fiaskos

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