Zentralbanken

Europas Finanzwächter fordern Lehren aus April-Turbulenzen

Im Frühjahr belastete der Handelsstreit kurzzeitig die globalen Kapitalmärkte und Finanzsysteme. Der Expertenrat ESRB verortet Schwachstellen gerade jenseits des Bankensektors.

Jan Mallien,
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel © Gaby Gerster

Die Episode ist heute fast vergessen, doch sie war brisant. Als US-Präsident Donald Trump im April massive Zölle ankündigte, sorgte er für Marktturbolenzen. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel sagte später, er fühlte sich nahe an einer „Kernschmelze an den Finanzmärkten“. Die Turbulenzen zeigten: Schon ein kurzer Handelsstreit kann das globale Finanzsystem erschüttern.

Schwachstellen im Finanzsystem

In einem aktuellen Bericht greift der Europäische Ausschusses für Systemrisiken (ESRB) den Vorfall auf. Das Gremium kritisiert Schwachstellen im Finanzsystem bei sogenannten Schattenbanken – also bei Investmentfonds, Hedgefonds und anderen Finanzakteuren außerhalb des klassischen Bankensektors. Der Ausschuss ist in der EZB angesiedelt und vereint Vertreter aus EZB, EU-Kommission, Regulierungs- und Aufsichtsbehörden.

Der ESRB sieht vor allem drei Schwachstellen:

1. Übermäßiger Hebel: Viele Nichtbanken, darunter auch Fonds für Privatanleger, nutzen hohe Schulden. Dies macht sie anfällig für plötzliche Verluste.

2. Liquiditäts-Ungleichgewicht: Fonds locken mit der Möglichkeit täglicher Rückgaben, investieren aber in schwer verkaufbare Anlagen. Im Krisenfall könnten Massenabflüsse die Preise in den Keller treiben.

3. Hohe Vernetzung: Die Finanzinstitute sind so eng miteinander verbunden, dass sich Schocks schnell ausbreiten. Ein Problem in einem Teil des Sektors kann das gesamte System erfassen.

Die Aufseher fordern, diese Risiken besser im Blick zu behalten und bestehende Datenlücken zu schließen. Sie wollen neue Instrumente entwickeln, um Fonds und anderen Nichtbanken krisenfester zu machen. Klare Regeln für Liquidität und Sicherheiten sollen verhindern, dass Marktstress eine Kettenreaktionen auslöst.

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