zinspolitik

EZB-Ratsmitglieder fürchten neue Phase der Mini-Inflation

Die Protokolle der EZB-Sitzung im Juni zeigen, dass viele Notenbanker das Risiko einer zu niedrigen Inflation sehen. Das könnte Folgen für die Zinsentscheidung im September haben.

Jan Mallien,
Die EZB mit Hauptsitz in Frankfurt am Main
Die EZB mit Hauptsitz in Frankfurt am Main © Unsplash

Kaum hat die EZB ihre Strategie angepasst und den Fokus wieder stärker auf die Gefahr einer zu hohen Inflation gelegt, ändert sie nun die Perspektive. Viele Ratsmitglieder halten weitere Zinssenkungen für nötig. Das zeigen die Protokolle der Ratssitzung im Juni, die am Donnerstag veröffentlicht wurden. Die Chancen für einen weiteren Schritt im September steigen.

In den Protokollen heißt es, nach den Abwärtskorrekturen der Inflationsprognosen für 2025 und 2026 „wurden Bedenken geäußert, dass die Inflation für 2025 und 2026 für 18 Monate unter dem Zielwert liegen könnte“. Das gelte als mittelfristige Abweichung vom Inflationsziel. Die EZB strebt mittelfristig eine Inflationsrate von 2% an. Risiken für eine anhaltende Unterschreitung sehen die Notenbanker durch gesunkene Energiepreise, den starken Euro, eine schwache Nachfrage und ein erwartetes geringeres Lohnwachstum.

EZB-Vizepräsident Luis de Guindos warnte diese Woche vor einer zu starken Euro-Aufwertung – auch das wäre eine Bremse für die Inflation. „Wir sollten versuchen, jegliches Überschießen zu vermeiden“, sagte er Bloomberg. Die Gemeinschaftswährung legte seit Jahresbeginn rund 14% zum Dollar zu und erreichte 1,18 Dollar. Dieser Anstieg ist laut de Guindos noch verkraftbar. Steigt der Kurs über 1,20 Dollar, werde es „kompliziert“. Noch Ende 2024 hatten EZB-Ratsmitglieder die Erwartung geäußert, dass ein schwächerer Euro die negativen Folgen von möglichen neuen US-Zöllen abfedern könnte.

Die Zollpolitik dürften auch am Freitag ein Thema sein, wenn sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde in Berlin erstmals offiziell mit Bundeskanzler Friedrich Merz trifft. Beim G7-Treffen in Kanada hatte sie sich bereits inoffiziell mit Bundesfinanzminister Lars Klingbeil ausgetauscht.

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