Fed streitet über Zoll-Folgen – Kaum Spielraum für Zinssenkungen
Die Märkte rechnen mit weiteren Zinssenkungen der Fed in diesem Jahr. Doch die Entscheider streiten über den Kurs. Mehrere Argumente sprechen für eine anhaltende Zinspause.

Wenn es nach Investoren geht, kommt die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) im weiteren Jahresverlauf nicht um eine kräftige Lockerung der Geldpolitik umhin. Laut dem Fed-Watch-Tool des Börsenanbieters CME rechnen die Märkte derzeit mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 75% mit zwei oder mehr Zinssenkungen 2025. Die am Mittwochabend veröffentlichten Protokolle der Notenbank-Sitzung im Juni zeigen jedoch: Intern liegen die Sichtweisen weit auseinander. Notenbankchef Jerome Powell stemmt sich bisher gegen die Forderungen von Präsident Donald Trump nach Zinssenkungen. Dabei weiß er die Mehrheit der Fed-Vertreter hinter sich.
Laut den Protokollen der Juni-Sitzung gehen die meisten davon aus, dass die Zollpolitik von US-Präsident Trump die Inflation antreibt – und sind daher in puncto Zinssenkungen zurückhaltend. Einige Mitglieder jedoch sehen die Sache entspannter. Sie rechnen lediglich mit einem einmaligen Effekt auf die Preisentwicklung, der keinen Einfluss auf die langfristigen Inflationserwartungen hätte. Diese Fraktion ist offener für Zinssenkungen. In den vergangenen Wochen hatten sich mit Christopher Waller und Michelle Bowman zwei Fed-Vertreter entsprechend positioniert. Möglicherweise auch mit dem Hintergedanken, sich als Powells Nachfolger ins Spiel zu bringen. Dabei ist der Spielraum der Fed für Zinssenkungen sehr eng. Das von der Notenbank präferierte Inflationsmaß, der PCE-Index, stieg im Mai auf 2,3%. Bislang beeinflussen die Zölle die Preisentwicklung kaum, viele Ökonomen rechnen aber damit, dass die Effekte zunehmen.
Hinzu kommt: Der US-Dollar hat seit Jahresbeginn deutlich abgewertet. Gegenüber dem Euro verlor er über 11% an Wert. Auch das treibt die Inflation, denn Importe werden so in Dollar gerechnet teurer. Außerdem macht sich die restriktivere Zuwanderungspolitik in den USA zunehmend bemerkbar und verstärkt Engpässe am Arbeitsmarkt. Farmer, Fleischverarbeiter oder Großkonzerne wie Disney beschweren sich bereits über die Folgen. Die Wette von Investoren auf Zinssenkungen ist also riskant.
Eine wichtige Daumenregel für Anleger lautet, nie gegen eine Notenbank zu wetten. Das Problem derzeit ist jedoch: Die Notenbanker sind sich selbst nicht einig.