Inside Bundesbank – Geschichte eines Bau-Fiaskos
Große Sprüche, Verzögerungen, Missmanagement: Das Bauprojekt um die alte Bundesbank-Zentrale droht vom Denkmal zum Mahnmal zu werden. Ich habe es von Anfang an begleitet.

Die alte Zentrale der Bundesbank im Frankfurter Norden aus dem Jahr 1972 ist ein mächtiger Betonbau – 220 Meter lang, 54 Meter hoch. Als das damals zuständige Vorstandsmitglied Johannes Beermann Anfang 2016 ankündigte, das Gelände umfassend zu modernisieren, erklärte er: „Vielen Bürgern gilt das Gebäude als Sinnbild für geldpolitische Stabilitätskultur.“ Was als Prestigeprojekt begann, hat sich immer mehr zu einem Lehrstück für Größenwahn und Missmanagement entwickelt.
Als stellvertretender Chefredakteur habe ich, Jan Mallien, das Projekt von Anfang an journalistisch begleitet, zunächst für das „Handelsblatt“, dann für PLATOW. Natürlich ist Kritik im Rückblick bequem. Zur Wahrheit gehört aber auch: Es gab früh Warnzeichen. Ich habe immer wieder mit Bundesbankern gesprochen, die über das Projekt den Kopf geschüttelt haben. Sie wurden lange Zeit nicht ernst genommen oder zumindest nicht ernst genug.
„Wir bauen hier keine Elbphilharmonie“
Ich erinnere mich noch an die erste Präsentation des Projekts durch Beermann im Jahr 2017. Sie ist mir deshalb im Gedächtnis geblieben, weil ich das Selbstbewusstsein und die Flapsigkeit gegenüber dem Vorhaben bemerkenswert fand. Es fielen die Sätze wie: „Wir bauen hier keine Elbphilharmonie.“ Und: „Wenn wir Glück haben, werden wir 2027 fertig.“ Die Kollegen der Süddeutschen Zeitung haben das damals in folgendem sehr lesenswerten Bericht aufgegriffen.
Zunächst wurden solche Fragen mit Scherzen beantwortet, später wurde der Ton aggressiver. Bereits 2018 kam es zu größeren Problemen. Nach kurzer Zeit trennte sich die Bundesbank vom zuständigen Projektleiter für das Campus-Projekt, und es wurde klar, dass sich der Umbau und der Umzug in das Ausweichquartier im FBC-Hochhaus verzögerten. „Der Umzug der Bundesbank-Zentrale wird zum Problemfall“, schrieb ich damals.
Bei diesem einen Personalwechsel blieb es nicht. Zuständigkeiten wechselten immer wieder. Für Stirnrunzeln bei vielen Bundesbankern sorgte etwa die Verpflichtung des früheren BND-Vizechefs Guido Müller. Der damals zweithöchste deutsche Geheimdienstler war beim BND maßgeblich für den Neubau und Umzug der BND-Zentrale von Pullach nach Berlin verantwortlich, ein Projekt, bei dem die Kosten ebenfalls aus dem Ruder liefen. Wer frühere Berichterstattung über sein Wirken beim BND liest, dem fällt auf, dass er nicht unumstritten war. Inzwischen wurde Müller nach Leipzig versetzt – als Präsident der Hauptverwaltung Sachsen und Thüringen.
Teurer als der EZB-Neubau
Im November 2021 schrieb ich im „Handelsblatt“, dass die Kosten für das Campus-Projekt aus dem Ruder laufen und es voraussichtlich doppelt so teuer wird wie der Neubau der EZB, der rund 1,3 Mrd. Euro gekostet hatte. In dem Artikel von damals heißt es: „Wie es weitergeht, wird Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, der Ende des Jahres aus dem Amt scheidet, nicht mehr entscheiden. Auch die Amtszeit des für Bau zuständigen Vorstands Johannes Beermann läuft Ende 2022 aus, und eine Verlängerung gilt als eher unwahrscheinlich. Wer auch immer ihnen folgt, erbt eine schwierige Baustelle.“
Die Bundesbank dementierte damals übrigens, dass die Kosten bei dem Projekt aus dem Ruder laufen würden. Die FAZ schrieb dazu: „Einen Bericht des Handelsblattes, dass bei der Bundesbank jetzt die Kosten aus dem Ruder liefen, wies ein Bundesbank-Sprecher allerdings zurück.“ Zur Erinnerung: Laut dem uns vorliegenden Bericht des Rechnungshofs ging die Bundesbank intern bereits im ersten Quartal 2021 von Kosten in Höhe von 3,6 Mrd. Euro aus. Wenn das keine ausufernden Kosten sind, frage ich mich, mit welchen Summen die Entscheider damals gerechnet haben.
Anfang Juli berichtete ich im PLATOW-Brief exklusiv, dass die Bundesbank einen Umzug aus ihrem Ausweichquartier FBC prüft. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hatte bereits auf einer Betriebsversammlung angedeutet, dass sich die Mitarbeiter auf einen Umzug einstellen müssten. Hintergrund sind die vielen Probleme im FBC, das eines der ältesten Hochhäuser Frankfurts ist. Übrigens wurde der Umzug ins FBC früher von Verantwortlichen der Bundesbank hinter vorgehaltener Hand damit begründet, dass das Ausweichquartier nicht zu attraktiv sein dürfte. Schließlich, so hieß es, sollten die Mitarbeiter nicht auf die Idee kommen, lieber dort zu bleiben, als in die abgelegene Zentrale zurückzukehren. Es spricht einiges dafür, dass ihnen die Rückkehr in die Zentrale erspart bleibt – sei es, weil das Projekt ganz gestrichen wird oder weil es noch mindestens ein Jahrzehnt bis zur Fertigstellung braucht.
Fazit: Hier gibt es noch einiges aufzuarbeiten. Fortsetzung folgt.
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