Kapitalmarktunion – Sewing wittert Morgenluft
Insbesondere in seiner Funktion als BdB-Präsident ließ Sewing in den vergangenen Jahren keine Gelegenheit aus, um für einen einheitlichen Kapitalmarkt in Europa zu werben. Doch in der Politik fand Sewing damit lange nur wenig Gehör.
Die Materie gilt als komplex und taugt in Wahlkämpfen kaum zum Stimmenfang. Zudem wehren sich kleine Länder wie Irland und Luxemburg, die niedrige Unternehmenssteuern zu ihrem Geschäftsmodell gemacht haben, gegen einheitliche Steuersätze. Jetzt scheint aber neue Bewegung in das Thema zu kommen.
Angeführt von Kanzler Olaf Scholz und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron hat der EU-Gipfel am Donnerstag die bislang von den Finanzministern betreute Kapitalmarktunion zur Chefsache erklärt. Scholz kündigte an, das Thema im Herbst auf die Agenda der neuen EU-Kommission setzen zu wollen.
Diese Steilvorlage aus Brüssel wird sich Sewing auf dem am Montag beginnenden Bankentag sicher nicht entgehen lassen. In Anwesenheit des Kanzlers, der am Dienstag direkt vor Sewings Grundsatzrede spricht, dürfte der Bankenpräsident die Gelegenheit nutzen, um die neue Dynamik in Sachen Kapitalmarktunion weiter zu verstärken.
Dass sich ausgerechnet der ansonsten eher zögerliche Scholz nun an die Spitze der Bewegung gesetzt hat, kommt indes nicht von ungefähr. Schon kurz nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts erkannte Sewing die Chance, die Nöte der Bundesregierung bei der Finanzierung der grünen Transformation mit der Kapitalmarktunion zu verknüpfen. Um mehr privates Kapital für den grünen Umbau der Wirtschaft zu mobilisieren, müsse Europa die Zersplitterung seiner noch immer national geprägten Kapitalmärkte überwinden und Verbriefungen erleichtern, forderte Sewing. Damit traf er beim Kanzler offensichtlich einen Nerv. fm