Geldpolitik

Kreditgeschäft – Zaghafte Zeichen einer baldigen Wende

Seit die EZB im Sommer 2022 begonnen hat, die Zinsen anzuheben, herrscht Flaute am Kreditmarkt im Euroraum. Banken halten sich bei der Vergabe von Darlehn zurück – und Haushalte und Unternehmen fragen weniger nach.

Aus Sicht von EZB-Präsidentin Christine Lagarde und anderen Vertretern der Notenbank ist dies aber durchaus erwünscht: Sie wollen die Wirtschaft bremsen, um die Inflation zu drücken. Inzwischen zeichnet sich die nächste Wende ab. Weil Investoren mit sinkenden Leitzinsen rechnen, sind die Kapitalmarktzinsen bereits gefallen.

Noch schlägt sich das kaum nieder. Die Kreditvergabe an private Haushalte im Euroraum stieg im Februar nur um 0,3 % und blieb damit gegenüber dem Vormonat unverändert, wie Daten der EZB zeigen. Das Wachstum der Kredite an Unternehmen beschleunigte sich leicht auf 0,4 % (Januar: 0,2 %). Für die kommenden Monate spricht jedoch einiges für eine Belebung. So ist zumindest der Abwärtstrend gestoppt.

Außerdem rechneten die Banken im Euroraum laut der Kreditumfrage der EZB für die ersten Monate 2024 erstmals seit Anfang 2022 wieder mit einer stärkeren Nachfrage nach Firmenkrediten und Wohnungsbaudarlehen. Auch in Deutschland erwarteten sie eine Belebung zumindest bei Wohnungsbaudarlehen. Skeptischer waren sie noch bei Verbraucher- und Firmenkrediten. Auch dort gibt es aber Entspannungszeichen.

Darauf deutet der Kreditmarktausblick der KfW für Deutschland hin. Die Förderbank rechnet demnach noch im ersten Halbjahr 2024 mit einem Rückgang des Kreditneugeschäfts der Banken mit Unternehmen und Selbstständigen. Danach geht sie wieder von Zuwächsen aus. Helfen könnte, dass die Banken ihre Kreditstandards zuletzt kaum noch verschärft haben. In Deutschland erhöhten sie diese nur bei Verbraucherkrediten noch deutlich, bei Firmenkrediten hingegen kaum und bei Wohnungsbaudarlehen gar nicht mehr. Ob es eine Wende bei der Kreditvergabe gibt, hängt vor allem von zwei Faktoren ab. Erstens von der konjunkturellen Entwicklung. Hier deuten Frühindikatoren eine Erholung an. So signalisiert der Einkaufsmanagerindex der Ratingagentur S&P für den Euroraum erstmals seit fast einem Jahr wieder Wachstum.

Auch der von der Commerzbank entwickelte Early-Bird-Index macht Hoffnung, dass die deutsche Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte wieder anzieht. Hinzu kommen als zweiter Faktor absehbare Zinssenkungen. Die EZB visiert den ersten Schritt aktuell für Juni an. Auf der Ratssitzung am Donnerstag dürfte Notenbankchefin Lagarde ein weiteres klares Signal hierfür geben. Einige Experten erwarten danach eine ganze Serie weiterer Schritte. Die US-Bank Goldman Sachs rechnet mit insgesamt fünf Zinssenkungen in diesem Jahr, im Umfang von je 0,25 Prozentpunkten. Andere Institute sind etwas vorsichtiger. Die Danske Bank und die italienische Unicredit prognostizieren beide jeweils drei kleine Zinsschritte für 2024. jam

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