Lagarde dämpft Aussicht auf Zinserhöhungen – und Schnabels Ambitionen
Die Wirtschaft läuft besser als gedacht, doch die EZB-Chefin bleibt vorsichtig. Sie tritt Marktspekulationen entgegen und wird überraschend klar, als es um ihre Nachfolge geht.

Auf der letzten Pressekonferenz von EZB-Präsidentin Christine Lagarde in diesem Jahr stand überraschend nicht sie selbst im Mittelpunkt, sondern eine Kollegin: Isabel Schnabel. Die EZB-Direktorin hatte zuvor nicht nur Spekulationen über baldige Zinserhöhungen befeuert, sondern sich auch selbst als mögliche künftige Präsidentin der Notenbank positioniert.
Deutlich höheres Wachstum erwartet
Lagarde äußerte sich zu beiden Themen auffallend reserviert, aber der Reihe nach. Zunächst präsentierte sie neue Prognosen zu Wachstum und Inflation. Diese zeigen: Die wirtschaftlichen Aussichten haben sich seit September spürbar verbessert. Die EZB hob die Prognosen für dieses und die beiden kommenden Jahre deutlich an. Für 2025, 2027 und 2028 geht sie jetzt jeweils von einem Wachstum von 1,4% aus, für 2026 von einem Wert von 1,2%.
„Die Wirtschaft hat sich als widerstandsfähig erwiesen“, sagte Lagarde. Sie verwies auf steigende Konsumausgaben und Investitionen. Aus ihrer Sicht deutet vieles auf eine stärkere Wachstumsdynamik hin, getragen von öffentlichen Investitionen und dem KI-Boom.
Dennoch bremste Lagarde Spekulationen über mögliche Zinserhöhungen. Isabel Schnabel hatte im Vorfeld in einem Bloomberg-Interview gesagt, dass sie sich mit Markterwartungen, wonach der nächste Zinsschritt eine Erhöhung sein wird, „recht wohl“ fühlt. Bei Lagarde klang das etwas anders. Sie erklärte, das Votum, den entscheidenden Einlagenzins auf dem aktuellen Niveau von 2,0% zu belassen, sei einstimmig ausgefallen. Das Gremium sei sich ebenfalls einig gewesen, dass alle Optionen auf dem Tisch blieben und man sich bei den Zinsen derzeit „in einer guten Position“ befinde. Das klingt nicht nach Plänen für baldige Zinserhöhungen. „Ich erwarte eine längere Zinspause“, sagt Alessandro Tentori, CIO Europe bei AXA Investment Managers. „Die nächsten zwölf Monate dürften relativ unspektakulär werden.“
Lagarde sieht rechtliche Probleme für Schnabel
Noch deutlicher fiel ihr Kommentar zu Isabel Schnabels Ambitionen auf eine künftige EZB-Präsidentschaft aus, trotz diplomatischer Verpackung. Lagarde erklärte zunächst, es gebe „sehr viele gute Kandidaten“ für ihre Nachfolge, zu denen auch Isabel Schnabel zähle, die jüngst Interesse bekundet hatte. Auf die Frage, ob dies rechtlich überhaupt möglich sei, antwortete Lagarde jedoch klar. Zum Hintergrund: Die EZB-Regeln schließen grundsätzlich eine zweite Amtszeit im EZB-Direktorium aus. Einige Experten halten jedoch Ausnahmen für möglich.
Lagarde aber verwies darauf, dass die EZB in der Vergangenheit bereits zweimal geprüft habe, ob dies möglich sei. Einmal ging es dabei um den früheren EZB-Vizepräsidenten Christian Noyer und einmal um den früheren EZB-Direktor Benoît Cœuré. In beiden Fällen kam die EZB zum selben Ergebnis: Eine zweite Amtszeit ist nicht zulässig. Eine bemerkenswert klare Aussage, auch wenn Lagarde ergänzte, dass sie darüber nicht zu entscheiden habe und die Angelegenheit erneut geprüft werden müsse.