Lagarde signalisiert größeren Spielraum für Zinssenkungen

Die EZB hat am Donnerstag nicht nur die Zinsen um 0,25 Prozentpunkte auf 3% gesenkt, sondern Notenbankchefin Christine Lagarde deutete auch mehr Spielraum nach unten an als zuvor. Einige Ratsmitglieder hatten auf der Sitzung zunächst auf einen XL-Zinsschritt von 0,5 Prozentpunkten gedrängt, doch letztendlich fiel die Entscheidung einstimmig. Die Notenbank passte aber ihr Statement an und strich eine Passage, in der es hieß, dass ihre Geldpolitik so lange wie nötig „hinreichend restriktiv“ bleiben werde, also die Wirtschaft bremse. In der verklausulierten Sprache der Notenbanker ist das ein Zeichen für eine stärkere Lockerung der Geldpolitik.
Angesprochen auf einen großen Zinsschritt, schloss Lagarde dies zumindest für einen späteren Zeitpunkt nicht aus. Die EZB steht wegen der schwachen Wirtschaft vor allem in den beiden größten Mitgliedsländern, Deutschland und Frankreich, sowie der hohen wirtschaftlichen und politischen Unsicherheit unter Druck. Im Vorfeld hatten sich Ratsmitglieder unterschiedlich geäußert, wie stark die EZB die Zinsen noch senken werde. Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel signalisierte geringen Spielraum, andere hingegen wie der französische Notenbankchef François Villeroy de Galhau zeigten sich offen für mehr. Im Kern geht es darum, ob die EZB die Zinsen 2025 bis auf 2,5% oder deutlich unter 2% senken wird. Die Äußerungen von Lagarde deuten eher in Richtung ihres Landsmannes Villeroy, dass es noch weiter runtergeht. Sie betonte aber auch, die Notenbank werde datenabhängig handeln und verwies auf die hohe Unsicherheit.
Laut Lagarde deuten die jüngsten Zahlen auf eine Lohnentwicklung 2025 hin, die mit dem Inflationsziel vereinbar wäre. Zudem korrigierte die EZB ihre Wachstums- und Inflationsprognosen nach unten. Für 2025 rechnet sie mit einem Wachstum von 1,1% (September: 1,3%) und für 2026 von 1,4% (Vorher: 1,5%). In der Debatte über das Zinsniveau, das die Wirtschaft weder stützt noch bremst, verwies Lagarde auf Schätzungen des EZB-Stabs, die diesen neutralen Zins zwischen 1,75 und 2,5% schätzen.
Ein Warnzeichen dafür, dass die von vielen Banken gefürchteten Niedrigzinsen nicht vom Tisch sind, lieferte am Donnerstag die Schweiz. Anders als die EZB rang sich die Schweizer Notenbank unter ihrem neuen Chef, Martin Schlegel, zu einer XL-Zinssenkung um 0,5 Prozentpunkte durch. Der Leitzins im Nachbarland liegt damit nur noch bei 0,5%. Weitere Senkungen sind absehbar, denn die Inflationsrate in der Schweiz notierte im November nur noch bei mickrigen 0,7% im Vergleich zum Vorjahr. Die meisten Experten erwarten weitere Senkungen auf null Prozent im nächsten Jahr, aber auch Minuszinsen sind durchaus möglich.