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Nagel erwartet europaweite Einlagensicherung bis Ende 2026

Bundesbank-Chef Joachim Nagel setzt bei der europäischen Einlagensicherung auf ein hybrides Modell. Zudem äußert er sich zu Basel III und der Frage, ob US-Banken derzeit strengeren Regeln unterliegen als EU-Institute.

von Jan Mallien und Jan Schrader,
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel © Gaby Gerster

Bundesbank-Präsident Joachim Nagel drängt auf eine zügige Umsetzung der europäischen Einlagensicherung. „Ich habe die starke Hoffnung, dass es gelingen wird, das Thema in dieser Legislaturperiode in Europa umzusetzen – möglichst in der ersten Hälfte“, sagte er im Interview mit dem PLATOW Brief. Dies würde Ende 2026 bedeuten. Das Thema stehe jetzt in jedem Fall auf der Agenda. Vor gut einem Jahr hatte sich Nagel auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos für das Projekt ausgesprochen. Vor allem die deutschen Sparkassen und Geno-Banken sehen entsprechende Pläne skeptisch, weil sie um ihre Sicherungssysteme fürchten.

Nagel plädiert für ein hybrides Modell, bei dem die nationalen Einlagensicherungssysteme auf europäischer Ebene ergänzt würden. „Dieser europäische Teil könnte dann unterstützen, wenn nationale Mittel aufgebraucht sind.“ Die Beiträge würden sich nach Nagels Vorstellungen am Risiko der Banken bemessen. Es gehe darum, insgesamt die Risiken im Bankensystem zu senken. „Eine bestehende Einlagen- und Institutssicherung wie in Deutschland würde berücksichtigt werden.“

Der Bundesbank-Chef argumentiert, dass eine vollendete Banken- und Kapitalmarktunion Europa für die internationalen Kapitalmärkte interessanter machen kann. Zudem würde dies die Resilienz des Bankensektors und die Finanzstabilität stärken. „Davon profitiert auch die deutsche Kreditwirtschaft.“

Die Einschätzung, wonach US-Banken derzeit strengeren Regeln unterliegen als EU-Institute, teilt Nagel nicht. Die Kapitalanforderungen für sehr große Banken der ersten Säule von Basel III seien zwar für US-Banken „zum Teil etwas strenger“. Bei den individuellen Anforderungen im Rahmen der zweiten Säule müssten europäische Banken aber „schärfere Vorgaben erfüllen“. Nagel bekräftigte, dass er von einer Umsetzung des Regelwerks Basel III auf beiden Seiten des Atlantiks „ausgehe“. „Dabei ist es wichtig, dass wir in Europa mit einer Stimme sprechen“, sagte er. „Das gilt nicht nur für das Bankenthema.“

Mit Blick auf die Geldpolitik verteidigte Nagel das Vorgehen der EZB bei den jüngsten Zinssenkungen. „Ich finde den vorsichtigen Ansatz angesichts der hohen Unsicherheit richtig.“ Aktuell sei die Inflation immer noch erhöht, insbesondere bei Dienstleistungspreisen. „Wir sollten deshalb auf dem Weg der geldpolitischen Normalisierung nichts überstürzen.“ Auf der Dezember-Sitzung hatte der EZB-Rat eine Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte beschlossen, aber auch über einen großen Schritt von 0,5 Prozentpunkten diskutiert. Aus Sicht von Nagel war die Entscheidung angemessen. „Ich finde es aber nicht schlimm, dass man auch über 0,5 Prozentpunkte diskutiert.“ Das gehöre dazu.

Hier lesen Sie das gesamte Interview mit Bundesbank-Chef Joachim Nagel.

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