Späte Rechnung für die EZB – höchster Verlust in der Geschichte

Über Jahre pumpte die EZB mehr als 5 Bio. Euro in den Anleihemarkt, um die langfristigen Zinsen zu drücken. Die finanzielle Kehrseite zeigt sich jetzt: 2024 erlitt die Notenbank einen Rekordverlust von fast 8 Mrd. Euro (2023: –1,3 Mrd. Euro). Hinter dem Minus steckt eine simple Mechanik: Die Anleihen, die die EZB und andere Euro-Notenbanken wie die Bundesbank gekauft haben, werden über eine lange Laufzeit nur sehr niedrig verzinst. Gleichzeitig müssen die Notenbanken auf die Einlagen den aktuellen Einlagenzins zahlen, der in der Spitze bei 4% lag und aktuell 2,75% beträgt.
Notenbanker verteidigen das in der Regel mit zwei Argumenten. Erstens verweisen sie darauf, dass die Verluste auf die Zinserhöhungen seit 2022 zurückzuführen sind, die dem Kampf gegen die Inflation dienten. Primäres Ziel der EZB ist die Sicherung von Preisstabilität und nicht Gewinnmaximierung. Zweitens haben die Euro-Staaten, die nun auf Ausschüttungen der Notenbanken verzichten müssen, jahrelang von Niedrigzinsen profitiert, die durch die Anleihekäufe erreicht wurden.
Mit dem Rekordverlust 2024 dürfte die EZB den Tiefpunkt erreicht haben, auch wenn sie künftige Verluste nicht ausschließt. Sie hat ihren Anleihebestand abgebaut und Investoren erwarten Zinssenkungen, was sie entlastet. Probleme wie die EZB haben viele Notenbanken, auch die Bundesbank. Sie konnte 2023 durch die Auflösung aufgebauter Puffer einen bilanziellen Verlust abwenden. Operativ verzeichnete sie ein Defizit von 21,6 Mrd. Euro. Für 2024 verzeichnet sie wahrscheinlich auch in der Bilanz ein Minus. Anders als Unternehmen können Notenbanken auch mit negativem Eigenkapital arbeiten. Zudem verfügen EZB und Bundesbank über hohe stille Reserven, weil z.B. ihre Goldreserven stark unter Marktpreisen bewertet sind.
Für die Finanzminister bedeuten die Verluste, dass sie über Jahre keine Ausschüttungen für den Haushalt von den Notenbanken bekommen. Am Dienstag legt die Bundesbank ihre Bilanz vor. Der Zeitpunkt nach der Bundestagswahl ist günstig. Das gibt Bundesbank-Präsident Joachim Nagel mehr Freiheit bei Äußerungen zu politischen Themen wie der Schuldenbremse. Nagel hatte Reformen gefordert, hier könnte er bald konkreter werden.