Trump greift nach der Fed – Wie reagieren die Zinsen?
Der US-Präsident will Notenbankchef Powell schnell ersetzen und erhöht den Druck. Das hat auch weitreichende Folgen für Europa.

Spricht ein US-Präsident öffentlich über die vorzeitige Ablösung des Notenbankchefs, wackelt mehr als nur ein Amt. Laut einem Bericht des „Wall Street Journal“ will Donald Trump bereits vor Ablauf der Amtszeit von Fed-Chef Jerome Powell einen Nachfolger benennen.
Er spiele mit dem Gedanken, den Kandidaten bereits bis September oder Oktober auszuwählen. Powell sei „schrecklich“ und werde „sicher bald abtreten“, sagte Trump bereits Anfang der Woche. Er habe drei bis vier Kandidaten im Blick. Die Märkte reagierten: Anleger preisen nun deutlich frühere Zinssenkungen in den USA ein, der Dollar fiel auf den tiefsten Stand seit drei Jahren.
Für die Eurozone ergeben sich daraus drei Konsequenzen:
Erstens macht der starke Euro weitere Zinssenkungen in Europa wahrscheinlicher. Trumps Druck auf die Fed schwächt den Dollar – und stärkt den Euro. Das dämpft die Inflation in der Eurozone. Gleichzeitig belastet er die Exportwirtschaft. Ein hoher Euro-Kurs macht europäische Produkte im Ausland teurer und drückt so die Nachfrage. Die EZB könnte deshalb im September erneut die Zinsen senken.
Zweitens eröffnen sich Chancen für eine größere globale Bedeutung des Euro. EZB-Präsidentin Christine Lagarde schrieb jüngst, dass die unberechenbare Politik von US-Präsident Trump „eine hervorragende Gelegenheit“ biete, diese zu stärken. Bislang ist die Dominanz des Dollars im globalen Finanzsystem erdrückend. Zuletzt entfielen 58% der weltweiten Währungsreserven auf den Dollar und nur knapp 20% auf den Euro.
Damit sich etwas ändert, sind aber auch Reformen nötig, etwa eine vertiefte Kapitalmarktunion. Auf den ersten Blick überraschend: Ein Problem ist auch, dass die Euro-Länder insgesamt deutlich weniger Schulden als die USA machen. Denn dadurch stehen Investoren weniger besonders liquide Staatspapiere zur Verfügung. Außerdem ist der Markt für Staatsanleihen im Euro-Raum zersplittert in seine nationalen Untergruppen mit jeweils eigener Bewertung.
Drittens gefährdet Trumps Einfluss die globale Zusammenarbeit der Notenbanken, die gerade in Krisenzeiten extrem wichtig ist. So fragen sich manche in der EZB, ob die Fed den Europäern in einem solchen Fall, ähnlich wie in der Finanzkrise, genug Dollar bereitstellen würde.
Welchen Stellenwert der aktuelle Amtsinhaber Powell der internationalen Kooperation beimisst, lässt sich zum Beispiel daran ablesen, dass er nächste Woche wieder zur EZB-Konferenz ins portugiesische Sintra reisen wird, eine Art Klassentreffen der weltweiten Notenbankszene.
Powell ist bei dem Treffen in der Klosteranlage Penha Longa seit Jahren Dauergast. Ob sich sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin dort künftig ebenfalls blicken lassen, ist offen.