Viele Deutsche und Iren auf EZB-Spitzenposten – wenig Franzosen
Laut EZB-Zahlen besetzen nach wie vor viele Deutsche Spitzenposten bei der Notenbank. Obwohl EZB-Chefin Lagarde aus Frankreich kommt, ist die Grande Nation unterrepräsentiert.

Als EZB-Präsidentin ist Christine Lagarde die Stimme der europäischen Geldpolitik und das Gesicht nach außen. Sie ist bereits die zweite Französin an der Spitze. Doch sonst finden sich nur wenige Landsleute in den Führungsetagen der Notenbank. Ganz anders die Deutschen – und auch kleinere Länder wie Irland, Griechenland oder Portugal. Zumindest, wenn man ihre Präsenz ins Verhältnis zum Kapitalschlüssel setzt, der sich nach Bevölkerungsgröße und Wirtschaftskraft bemisst.
Die aktuellen Zahlen der EZB für 2024 zeigen: 29,6% der Führungskräfte kamen aus Deutschland (2023: 32%). Zum Vergleich: Der deutsche Anteil am Kapitalschlüssel liegt bei 26,1%. Der Anteil ist demnach im Jahresvergleich zwar zurückgegangen, aber immer noch vergleichsweise hoch, was angesichts des Sitzes in Frankfurt nicht verwundert. Besonders kleine Länder sind sehr stark vertreten. Frankreich dagegen fällt deutlich ab: Nur 9,9 % der Spitzenposten entfallen auf die Grande Nation – bei einem Anteil am Kapitalschlüssel von über 20 %.
Offiziell gilt die Philosophie, dass jeder Mitarbeiter bei seinem Arbeitsantritt gedanklich den Pass abgibt. Dennoch sorgt das Thema immer wieder für Kontroversen. So stieß der irische Chefvolkswirt Philip Lane im vergangenen Jahr in ein Wespennest, als er gegenüber der Regierung in Dublin dafür warb, den Anteil der Iren in der EZB zu erhöhen.
Der Betriebsrat warnt seit Langem, dass Einstellungen und Beförderungen nicht nur nach Leistung erfolgen, sondern auch die Nationalität eine Rolle spielt. Die EZB weist das stets entschieden zurück: Sie stelle ihre Mitarbeiter ausschließlich nach Qualifikation und Leistung ein.
Der Betriebsrat hat in der Vergangenheit auch auf empirische Anhaltspunkte verwiesen. So haben die Ökonomen Harald Badinger und Volker Nitsch in einer Studie einen Zusammenhang zwischen der Nationalität der EZB-Direktoriumsmitglieder, also den sechs Vertretern an der Spitze der Notenbank, und den von ihnen ernannten oberen Managern gefunden. Die Untersuchung basiert auf Daten bis 2010, ist also nicht aktuell. In einer neueren Studie werteten sie die Terminkalender der EZB-Spitze aus. Ihr Fazit: „Die Direktoriumsmitglieder tauschen sich überproportional häufig mit Landsleuten aus. Daher ist die nationale Vertretung […] von Bedeutung.“
Lange hat die EZB keine Daten zur Nationalität ihrer Mitarbeiter und Führungskräfte genannt. Das hat sich unter Christine Lagarde geändert. Die aktuelle Grafik zeigt die Differenz zwischen dem Anteil ausgewählter Länder an den Führungsposten und ihrem Anteil am Kapitalschlüssel.