zentralbanken

Zinsstreit – Wie weit geht die EZB noch runter?

Die Inflation im Euro-Raum ist im November gestiegen. Dennoch wird die EZB höchstwahrscheinlich im Dezember die Zinsen weiter senken. Kontroverser ist die Debatte, wie weit sie danach noch gehen soll. Sie nimmt Fahrt auf.

von Jan Mallien,
EZB-Zentrale in Frankfurt am Main bei Nacht
EZB-Zentrale in Frankfurt am Main bei Nacht © CCO

Die Inflation in Deutschland ist im November wieder leicht gestiegen. Die Verbraucherpreise legten um 2,2% gegenüber dem Vorjahr zu (Oktober-Wert: 2,0%). Dennoch wird die EZB höchstwahrscheinlich auf ihrer nächsten Sitzung am 12. Dezember die Zinsen um weitere 0,25 Prozentpunkte senken. Kontrovers ist aktuell die Debatte, wann die Serie von Zinsensenkungen schließlich enden soll. Im Mittelpunkt hierbei steht der neutrale Zins, also das Niveau, wo die Geldpolitik die Wirtschaft weder stützt noch bremst. Wo dieser Punkt liegt, kann nur geschätzt werden.

Verfechter einer straffen Geldpolitik (Falken) schätzen ihn höher. Der frühere Bundesbank-Präsident Axel Weber etwa sieht ihn bei rund drei Prozent. Auch EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel sprach jetzt von einem Niveau von zwei bis drei Prozent. Die Falken argumentieren, dass strukturelle Trends für mehr Inflation sorgen. So wurde die Inflation lange durch billige Importe aus China gedämpft. Das ändert sich aber gerade durch Handelsrestriktionen. Verfechter einer lockeren Geldpolitik schätzen den neutralen Zins niedriger ein.

Zudem fordern manche, dass die EZB die Zinsen unter das neutrale Niveau senken sollte, um wirtschaftliche Impulse zu geben. So sagte der italienische Notenbankchef Fabio Panetta, dass der neutrale Zins noch „weit entfernt“ sei. Eine Senkung der Zinsen unter das neutrale Niveau sei „ein Standardrezept“ der EZB und der Fed. Wer Recht behält, hängt nicht zuletzt auch davon ab, ob es unter dem neuen US-Präsidenten Donald Trump zu einem schweren Handelskonflikt mit Europa kommt.

In einem Interview mit der „Financial Times“ warnte EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Donnerstag vor weitreichenden Folgen. Ein Handelskrieg könne „in niemandes Interesse sein, weder für die Vereinigten Staaten noch für Europa“.

Abonnieren Anmelden
Zur PLATOW Börse