JLL Office Talk

Büromarkt – Vor Auferstehung aus Ruinen?

Kurz vor dem Höhepunkt der Büro-Krise wächst in der Branche wieder die Zuversicht. Das sorgte auch beim JLL Office Talk für gute Stimmung. Doch ein Störfaktor wird dabei unterschätzt.

Die Skyline in Frankfurt am Main, Deutschland
Die Skyline in Frankfurt am Main, Deutschland © AdobeStock

Eine bessere Ausgangsbasis für eine positive Entwicklung hat es für die Immobilienwirtschaft wohl noch nie gegeben. Doch so ganz deckt sich das Ergebnis des JLL Office Talk vom Dienstag nicht mit unseren Backgroundinformationen zur Branchensituation. Andererseits ist „kurz vor dem Höhepunkt der Krise“ auch schon „kurz nach dem unteren Wendepunkt“. Nachdem jetzt wohl auch die BaFin Druck macht, müssen sich Banken, Fonds und Aktiengesellschaften Gedanken um ihre Bewertungen machen. PLATOW wies oft darauf hin, dass der jetzt erkennbaren Stabilisierung des Preisniveaus auch aus Deals die Anpassung der Bewertungen bei Gesellschaften, Banken, Wirtschaftsprüfern und Bewertern folgen muss.

Das könnte an mancher Stelle zu „Heulen und Zähneklappern“ führen. Gleichwohl ist es evident, dass gerade zinsabhängige Portfolios oder Gewerbeimmobilien der institutionellen Investoren beim aktuellen und auch beim zu erwartenden Zinsniveau auf lange Zeit nicht mehr das Preisniveau von 2018 bis 2021 erreichen werden. Viele geplante Bauträger-Exits dürften unerreichbar bleiben. Viele Grundstücke oder Sanierungsprojekte wurden überzahlt. Dazu kommen noch die ESG-Herausforderungen und der normale Lebenszyklus des Bestandes.

Positive Nachrichten mehren sich

Die Kehrseite des möglicherweise bald kommenden Krisenhöhepunktes ist aber der positive Trend, der den Maklern bei der Präsentation der Daten die Freude über die neuen Botschaften ins Gesicht schrieb. Mit 34,8 Mio. Erwerbstätigen im Dienstleistungssektor gab es einen neuen Rekord, der auf Büro abfärben könnte, so JLL. Die Büroflächenvermietung legte um 6% zu. Sogar das Transaktionsvolumen stieg schon 2024 um 6%. Die Dienstleistungsproduktion und der Saldo des ifo-Beschäftigungsbarometers katapultierten ebenfalls um 0,8 bzw. 1% nach oben. Bei den Erwerbslosenquoten liegt Deutschland immer noch gut. Homeoffice ist mit aktuell 3,6 Präsenztagen im Durchschnitt wieder auf dem Rückzug. Gegenüber den Büro-Pipeline-Erwartungen für den Neubau von 2022 hat sich die jetzt erkennbare Fertigstellung halbiert. Und genau diese Gebäude fehlen dem Markt, so JLL. Außerdem nimmt der Büroflächenleerstand zwar seit fünf Jahren zu, bleibt aber weit unter früheren Spitzen wie nach dem Platzen der Dotcom-Blase und der Finanzkrise. Mit 6,8% Leerstand lebt Deutschland im Vergleich zu 8,8% in EMEA und unvorstellbaren 22,3% im US-Durchschnitt von 55 untersuchten Metropolen immer noch fast wie im Paradies, so das Zahlenwerk von JLL.

Gnade des Basiseffekts

Die Gnade des Basiseffekts verschweigt aber, dass der deutsche Büromarkt mit einem Drittel unter den Werten der vergangenen Dekade ausgesprochen schwach war. Zuvor waren die Gesamttransaktionen um über 72% und die Bürotransaktionen um sage und schreibe 80% eingebrochen. Aus 27,5 Mrd. Euro Büroinvestments in 2021 wurden 5,2 Mrd. Euro in 2023, die im vergangenen Jahr dann wieder auf 5,5 Mrd. Euro hochschossen. Gleichzeitig ist der Büroanteil an den gesamten Transaktionen auf 15% gefallen. Living mit 30%, Logistik mit 22% und sogar Handel mit 16% haben Büro überholt. Viele Transaktionen zwischen 30 Mio. Euro und 80 Mio. Euro, insbesondere auch aus der Signa-Insolvenz, prägten den Markt. Aber vielleicht geht es ja genauso wieder aufwärts wie nach 2009. Bei den Wachstumserwartungen sieht es im europäischen Vergleich allerdings mies aus. Auch JLL stellt fest, dass das Umfeld wohl den perfekten Sturm für Büro gebildet hat. Hinzu käme die nur langsame Wertanpassung der Bewerter in Deutschland, die die Belebung des Transaktionsgeschehens behindert habe. Nach PLATOW-Beobachtungen waren zumindest mit Blick auf Bilanzen auch die JLL-Bewerter nicht besonders schnell.

Der Basiseffekt treibt jetzt die gute Laune. Es wird alles besser, so der Glaube in der Branche. Die öffentliche Hand stabilisiert bei Miete und auch Investment die Zahlen. JLL befragte 120 Investoren mit insgesamt 750 Mrd. Euro AuM nach ihren Plänen. Über 40% wollen die Immobilienquote wieder erhöhen, 50% konstant halten. Die Frage ist, ob Bewertungsaspekte nicht schnell einen Strich durch die Rechnung machen. Hinsichtlich des attraktivsten Risiko-Rendite-Verhältnisses sehen die institutionellen Investoren Wohnen in A-Lage vor Office-A-Lage und Wohnen in B/C-Lage. Danach kommen Logistik, Fachmärkte, Hotels und innerstädtische Geschäftshäuser. Büros in B-Lage sind völlig abgeschlagen, wobei hier JLL mit interessanten Beispielen gute Chancen sieht.

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