Gedämpfte Stimmung im europäischen Immobiliensektor
Die Stimmung in der europäischen Immobilienwirtschaft bleibt gedrückt. Das liegt vor allem an den Schwergewichten Deutschland und Frankreich. Doch es gibt Lichtblicke.

Die Bauaktivität zieht weltweit wieder an. Entsprechend steigt auch die Stimmung, jedoch lässt sich das nicht pauschalieren. Der Basiseffekt hilft überall, auch in Deutschland. Das macht der Blick auf die aktuellen Baugenehmigungen in Deutschland, die das Statistische Bundesamt veröffentlichte, deutlich. Mit Blick auf den Bau ist die Bedarfssituation völlig inhomogen. Bedenken Sie die alte PLATOW-These, eine Immobilie, die wirklich gebraucht wird, wird bei jedem Zins gebaut. Da reagiert ein gebäudetechnisch gut ausgestattetes Land wie Deutschland in einer Stagnationsphase auf Zinsänderungen und KI-Erwartungen völlig anders als Länder in einer stärkeren Wachstumsphase. Lediglich Unsicherheitsphasen oder wie zuletzt die Zinswende können zu zeitweiligem Attentismus führen.

Der globale Verband der Immobilienspezialisten, RICS, sieht entsprechend im europäischen Immobiliensektor eine eher gedämpfte Stimmung. Es gebe erhebliche Unterschiede auf Länder- und Sektorebene. In Deutschland trübt sich die Stimmung bzw. Erwartung eines schon gestarteten neuen Zyklus ein. Der Anteil derer, die den Markt schon in einer frühen Aufschwungphase sehen, fällt deutlich von 40 auf 29%. Das stützt die beiden oft von PLATOW vorgetragenen Thesen, dass von den großen Wellen, mit denen sich die Immobilienwirtschaft auseinanderzusetzen hat, lediglich die Konjunktur zyklisch ist. Zinswende, Homeoffice, KI, volkswirtschaftlicher Wettbewerbsverlust und ESG-Herausforderungen sind Niveautransformationen. Gleichzeitig überschneiden sich zwei Zyklen. Je nach Assetklasse, insbesondere bei Büro, ist die Abstiegsphase des vorherigen Zyklus noch nicht abgeschlossen. Gleichzeitig warten Opportunisten an der Seitenlinie noch auf den Start des neuen Zyklus.
Stimmung in Deutschland weiter im Abwärtstrend
Im aktuellen „RICS Global Commercial Property Monitor“ (GCPM) fiel der Hauptwert des „Commercial Property Sentiment Index“ (CPSI) für Europa im dritten Quartal mit einem Wert von -7 leicht negativer aus als im Vorquartal mit -4. Anders als bislang, wo sich die globalen und europäischen Ergebnisse seit 2008 weitgehend analog entwickelten, zeigt sich jetzt eine leichte Spreizung. Der globale Index verbessert sich, während in Europa eine Abschwächung zu beobachten ist. Die Stimmung in Europa wird weiterhin durch das schleppende makroökonomische Umfeld belastet. Die Stimmung in Frankreich ist angesichts der anhaltenden politischen Spannungen am negativsten. Hier erreicht der CPSI einen Wert von -40 nach -31 im zweiten Quartal. In Deutschland ist das Bild mit einem CPSI von -19 etwas weniger pessimistisch, aber auch im Abwärtstrend (Q2: -12). In Großbritannien hat sich die Stimmung hingegen von -4 auf -11 deutlich verschlechtert. Die fiskalische Lage belastet. Positive Werte zeigen insbesondere die vor wenigen Jahren noch gescholtenen Peripherie-Länder. Spanien ist der Markt mit der positivsten Entwicklung mit einem Anstieg von 27 auf 30 Punkte. Portugal (21), Griechenland (15) und Irland (8) folgen mit ebenfalls positiven CPSI-Werten.
Bemerkenswert sei, so Susanne Eickermann-Riepe, Vorsitzende des RICS European World Regional Board, dass sowohl der gesamteuropäische Nutzerindex („Occupier Sentiment Index“) als auch der Investorenindex („Investment Sentiment Index“) in der jüngsten Umfrage leicht zurückgegangen sind. Insgesamt entwickelt sich die Investitionsnachfrage aber positiv, so dass RICS eine Trendwende sieht. Rund 50 % der europäischen Befragten sehen den Immobilienmarkt weiterhin in einer Abschwungphase bzw. am Tiefpunkt des Zyklus. Aus Investmentsicht haben alternative Anlageklassen die positivste Stimmung. Eickermann-Riepe sieht im europäischen Sentiment ein deutliches Süd-Nord-Gefälle. Während Frankreich, Deutschland, die Niederlande und UK weiterhin unter Unsicherheiten und gebremstem Wachstum leiden, zeigen Spanien, Portugal und Griechenland deutliche Verbesserungen. Als Assetklassen mit den besten Aussichten für Kapitalwerterhöhungen werden neben erstklassigen Industrieobjekten Datenzentren, Mehrfamilienhäuser und Studentenwohnen eingestuft. Retail, Office und Industrial bleiben abgeschlagen.
Bau-Turbo zündet noch nicht
Für Deutschland erwartet Jens Böhnlein, Vorstandschef der RICS Deutschland, ein weiteres Ausbremsen der Entwicklung durch wirtschaftliche und regulatorische Hemmnisse. Die anhaltende Verunsicherung betreffe sowohl Investoren als auch Nutzer und präge das Marktgeschehen. Die Mieterwartungen haben sich über alle Assetklassen hinweg verschlechtert. Mögliche Bewertungsanpassungen bremsen Investitionsentscheidungen. Der Bau-Turbo habe noch nicht gezündet. Ergänzend zum Stimmungsbild hat sich auch der Ifo-Geschäftsklimaindex für den Wohnungsbau von -22 auf -23 Punkte weiter verschlechtert. Fehlende Aufträge seien weiterhin ein großes Problem, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen. Immerhin berichten weniger Firmen davon, dass sie zu wenig Aufträge haben. Der Anteil sank von 46,7 auf 44,4% – der niedrigste Wert seit rund zwei Jahren. Die Zahl der Stornierungen fiel geringfügig von 8,4 auf 8%. Sie bleibt damit aber auf einem hohen Niveau.