Interesse an nachhaltigen Gebäuden lässt weltweit nach
Klimaschutz verliert nicht nur auf der politischen Agenda an Priorität. Auch in der Immobilienwirtschaft sinkt das Interesse an grünen Gebäuden. Das sind die Gründe.

Der Nachhaltigkeitsbericht 2025 der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) diagnostiziert einen deutlichen Rückgang des Klimainteresses. Die globale Transformation zur Klimaneutralität schreite langsamer voran als aus RICS-Sicht „erforderlich“. In einigen Regionen komme der notwendige Strukturwandel nahezu zum Erliegen.

Der RICS Sustainable Building Index (SBI) fiel allein 2025 global von +41 auf +30. Seit fünf Jahren geht es bergab (2021: +55; 2022: +48; 2023: +44; 2024: +41; 2025: +30). Als Ursachen für den Rückgang nennt RICS wirtschaftliche Unsicherheiten, uneinheitliche politische Rahmenbedingungen, gestiegene Baukosten sowie ein Defizit an eindeutigen Richtlinien und Definitionen für nachhaltige Gebäude. Weltweit gaben 46% der Befragten an, CO₂-Emissionen in Bauprojekten gar nicht erst zu messen.
US-Politik setzt andere Prioritäten
Die stärkste Abschwächung verzeichnet die Region Amerika. Dort fällt der SBI von +25 auf nur noch +11 und liegt damit deutlich unter dem globalen Durchschnitt. 2021 lag der Wert noch bei fast +50. Grund seien die veränderten politischen Rahmenbedingungen in den USA. Das belegt eine alte Befürchtung, dass das Klimainteresse nicht intrinsisch motiviert ist, sondern mehr einer politischen Trendfolge entspricht. Investoren und Nutzer zeigen gleichermaßen Zurückhaltung.
In der APAC-Region bleibt das Nachhaltigkeitsbewusstsein hingegen hoch, doch die Umsetzung kommt nur schrittweise voran. MEA war 2025 die einzige Region, die mit einem Index-Wert von +52 ein steigendes Interesse an nachhaltigen Gebäuden verzeichnet. Europa bleibt führend. Die politischen Rahmenbedingungen setzen international Maßstäbe. Europäische Investoren bewerten Klimarobustheit und Zertifizierungen als besonders wichtig, während Nutzer Energieeffizienz, Innenraumkomfort und Wasserverbrauch priorisieren. Die Kehrseite der Medaille zeigt aber brandaktuell eine EY/ULI-Studie. Demnach schmiert die Wirtschaft in Europa ab. Asien ziehe ökonomisch Europa und den USA davon. Europa sei nur noch im Klimaschutz führend.
Differenziertes Bild in Deutschland
Aber auch aus RICS-Sicht verliert Europa an Schwung. Der europäische SBI sinkt von +63 auf +39. Strukturelle Hürden wie steigende Kosten, komplexe Regulierungen, Fachkräftemangel sowie Verzögerungen bei der Skalierung von Lebenszyklus-Messmethoden seien die Gründe. Besonders auffällig sei, dass resilienzbezogene Bewertungen und CO₂-Messungen im Bauwesen in Europa seltener vorgenommen werden als in manchen außereuropäischen Märkten.
In Deutschland zeigt die Befragung ein differenziertes Bild. Bei der Nachfrage nach grünen bzw. nachhaltigen Gebäuden berichten 44% der Befragten auf Nutzerseite von einem Anstieg (davon 10% „deutlich“ und 34% „moderat“), während 50% keine Veränderung sehen und nur 6% einen Rückgang melden. Auf Investorenseite ist das Bild ähnlich: 46% verzeichnen eine steigende Nachfrage (davon 15% „deutlich“ und 31% „moderat“), 47% sehen ein stabiles Niveau und 8% einen Rückgang. Damit und mit einem Sustainable Building Index von +37 bewegt sich Deutschland im Rahmen des europäischen Trends, in dem die Nachfrage nach nachhaltigen Immobilien zwar positiv bleibt, der Sustainable Building Index für Europa jedoch von +63 auf +39 zurückgeht.
Sechs Handlungsempfehlungen
Der Nachhaltigkeitsreport formuliert sechs zentrale Handlungsempfehlungen, die alle Regionen gleichermaßen betreffen. 1. Nationale Dekarbonisierungs- und Resilienzpfade festlegen. 2. Lebenszyklusbasierte CO₂-Messungen verpflichtend einführen. 3. Verbindliche Emissionsgrenzen für Neubau und Bestand definieren. 4. Finanzierungsmechanismen für grüne Sanierungen und klimafitte Gebäude ausbauen. 5. Internationale Kooperation stärken, um gemeinsame Standards und Datenbasis zu schaffen. 6. Biodiversität und Ökosystemschutz systematisch in Bau- und Planungsprozesse integrieren.