Investment-Totalabbruch bei Wohnungsportfolios
Wir fragten uns oft, was sich denn außer den Zinsen geändert habe, als sich seit den 90ern bis weit in die Nullerjahre fast alle Institutionellen, Kommunen oder Unternehmen mangels Rechenbarkeit von ihren Wohnungsbeständen trennten. Management und Risiken waren weder günstiger noch einfacher geworden. Nullzinsen, Nachfrage und die Hoffnung auf Bewertungsänderungen bis zu negativen Renditen nach Instandhaltung und Verwaltung beflügelten den Markt. Das Handwerker-Problem sprengte für kleinere Portfolios ohne eigene Kolonnen insbesondere auch durch den Mehrwertsteuer-Aspekt alle Kalkulationen. Dennoch blieb der Markt gegen den PLATOW-Taschenrechner bullish.
Jetzt brachte die Zinswende die Wohnungswende. Aktuell sieht das Investment-Zahlenwerk im „Residential Report“ von BNPPRE grausam aus und relativiert die in jeder Umfrage noch ganz oben stehende Investitionsabsicht in Wohnraum. Bundesweit wurden laut BNPPRE im vergangenen Jahr 5,23 Mrd. Euro in größere Wohnungsbestände ab 30 Wohneinheiten investiert. Damit wurde der langjährige Durchschnitt um 72% unterschritten. Die offene Frage für PLATOW bleibt, ob die Zinswende lediglich eine neue Bewertungseinschätzung eingeleitet hat und Investoren auf stark sinkende Preise warten oder Marktnewcomer lernen mussten, dass ältere Bestände kaum rechenbar sind. Profi-Erfahrungen von Investoren der 90er-Jahre zeigten schon deutliche Rechenschwierigkeiten bei der 15-fachen Jahresmiete auf. 11- bis 13-fach war eher die Regel. Zwei Jahresmieten wurden dann ab Mitte der Nullerjahre für die Portfoliozusammenstellung draufgelegt, damit die Volumina für Investoren passten.
Aktuell bleibt für PLATOW unklar, ob sich der Markt lediglich in der Bewertung ändert oder sich Investoren mit Blick auf den Taschenrechner länger zurückhalten werden. Auf der positiven Seite ist lediglich unbestritten, dass der Neubau weiter zurückgeht, günstiger Wohnraum kaum noch zu bauen ist und die Nachfrage zumindest bis zur Klärung der Zuwanderung eher zunehmen wird. Grenzen setzt die Mietbelastbarkeit. Daraus ergibt sich für den privaten Wohnungsbau unterhalb des gehobenen Segments eine Quadratur des Kreises. Bis mindestens 2027 bleibe der Wohnungsbau absehbar schwach. Für 2023 sei mit einem deutlichen Rückgang der Baugenehmigungen und -fertigstellungen in der Größenordnung von rund 260.000 genehmigten und rund 240.000 fertiggestellten Wohneinheiten zu rechnen. 2024 erwartet BNPPRE nur noch 200.000 neue Wohneinheiten. Für 2026 gehen die Researcher von 160.000 Fertigstellungen aus, womit die Marke von 150.000 näher rückt, die PLATOW im Herbst 2022 in die Diskussion brachte. Ein kompletter Ausgleich der Neubaulücke dürfte damit in den 2020er- und auch in den 2030er-Jahren kaum realisierbar sein, so BNPPRE.
Im vierten Quartal 2023 sind die Netto-Spitzenrenditen für Neubauobjekte weiter gestiegen et vice versa die Multiplikatoren zurückgegangen. Für München nennt BNPPRE Höchstmultiplikatoren in Höhe der 25-fachen Nettojahresmiete, für Berlin 24,5-fach, für Stuttgart und Frankfurt 24-fach, für Düsseldorf 23-fach und für Köln 22-fach. Was das für Bewertungen in den Portfolios bedeutet, macht der Blick in die Bilanzen der Wohnimmobilien-AGs deutlich, die sicherlich nicht zu den dümmsten Einkäufern gehörten. Hier waren zum Jahreswechsel 2022 auf 2023 noch die 29-fache oder auch 25-fache Jahresmiete als Durchschnittsbewertungen für zu 75% unsanierte alte Werkswohnungsbestände zu finden gewesen. Bislang dürften davon noch kaum 10% abgewertet sein. Wir sind auf die nächsten Bilanzen gespannt. PREA und auch F+B-Gründer Bernd Leutner gehen von weiteren spürbaren Preissenkungen für Bestandswohnungen aus.