Offene Immobilienfonds – Volumen sinkt stärker als nach Finanzkrisen-Skandalen
Das ZBI-Debakel hat zu massiven Mittelabflüssen bei Offenen Immobilienfonds geführt. Auch bei der Rendite liegen die meisten Fonds unter Wasser. Doch es gibt positive Ausreißer.

Abwertungen, Verluste und negative Gerichtsurteile im Gefolge des Union Investment/ZBI-Desasters haben den Ruf der Offenen Immobilienfonds (OIF) als sicheren Hafen für die Geldanlage arg ramponiert. Das spiegelt sich in den deutlichen Kapitalabflüssen seit 2024. Zum ersten Mal seit 2006 war das Nettomittelaufkommen negativ. Saldiert verloren die Produkte im vergangenen Jahr fast 6 Mrd. Euro. Dabei ist noch die Kündigungsfrist von 12 Monaten zu berücksichtigen, die die Welle noch vor sich herschiebt. PLATOW hatte bereits von der Tagung der BIIS-Fondsbewerter und von Scope-Hinweisen auf eine sinkende Liquidität berichtet. Scope mit inzwischen langjähriger Erfahrung der Analystin Sonja Knorr hat die Ratings von 22 Offenen Immobilienfonds aktualisiert. Zwölf Fonds wurden herabgestuft. Bei zehn Fonds blieb die Note stabil. Zuvor waren allerdings bereits 11 Fonds abgewertet worden. Ursache für die Downgrades waren sowohl gesunkene Renditen als auch die im aktuell herausfordernden Marktumfeld gestiegenen Risikoparameter.
Auch PLATOW monierte die Bräsigkeit vieler Fondsmanager, die auf Urteile zur falschen Risikoeinstufung von OIF im Vertrieb erst reagieren wollen, wenn Union Investment durch alle Instanzen gegangen ist. Die Angst der Öffentlichkeit vor weiteren breiten Abwertungen können wir jedoch weniger nachvollziehen. Sicherlich gibt es in den Portfolios einzelne Immobilien, die zum Höhepunkt des Marktes gekauft wurden und so auch die Wertentwicklung des JLL-Victor mit einem Rückgang von einem Drittel hinnehmen müssen, jedoch haben die OIF die Bilanzorgien der Immobilien-AGs bei der Hochwertung des Bestandes nicht mitgemacht.
PLATOW hatte bereits zum Start die Rückkehr der „5%-Büroimmobilie“, also Multiplikator „20-fach“, als langfristigen Durchschnitt bei historisch immer noch niedrigen Zinsen angekündigt. Büroimmobilien machen bei OIF immer noch einen Anteil von über 60% aus. Der Multiplikator des von einigen Hype- und Technologiebegeisterungen abgesehen immer gepflegten und an ESG- und Lebenszyklen angepassten OIF-Bestandes liegt nach aktueller Abwertung im Durchschnitt bei der 19,7-fachen Nettojahresmiete. Zuvor lag der Multiplikator bei 20. Wohnimmobilien kommen jetzt auf einen Multiplikator von 21,6 nach zuvor 22,9.
Kein spürbarer Abwertungsbedarf
Bedenken Sie, Vonovia hat nach dem Verkauf vieler guter Immobilien seinen deutschen Bestand mit zum Teil hoher Werkswohnungs-Historie immer noch über 24-fach bewertet, nach über 29-fach im Frühjahr 2023. PLATOW und „Der Immobilienbrief“ wiesen damals ausführlich auf das Bewertungsdrama hin. Insofern sieht PLATOW bei den renommierten OIF, von Einzelfällen abgesehen, auch keinen spürbaren Abwertungsbedarf höher als im kleinen einstelligen Prozentberich. Die Verschuldungsquoten, die ohnehin bei 30% gedeckelt sind und eine sicherlich engere Liquidität machen bei den Bankentöchtern wenig Sorgen. Nach einem Blick auf die Zahlen ist das alles lästig, aber (noch) nicht wirklich gefährlich – es sei denn, der Trend wird zum Run.
Dennoch herrscht in der OIF-Branche nach den ersten Trotzreaktionen auf die ZBI-Urteile Unruhe. Schließlich machte die BIIS-Tagung vor einigen Wochen deutlich, dass im Falle einer Rücknahmeaussetzung eines oder mehrerer Fonds wohl alle Fonds hinterherziehen müssten. Bei einem Blick auf die Scope-/BVI-Zahlen stellt man fest, dass sich die Rückgaben schon jetzt stärker auf das gesamte Fondsvolumen ausgewirkt haben als in den damals von Politik und Aufsicht dramatisierten Rückgabewellen 2004 und nach der Finanzkrise, als es noch keine Kündigungsfristen des neuen KAGB gab.
Rückgaben treffen gesamte Branche
Und nach Ansicht aller Beobachter bleibt der Rückgabetrend ungebrochen. Aktuell gibt Scope die Liste der Ratings bzw. Herabstufungen heraus, überlässt dem Leser allerdings die Einzelauswertung der Tabelle. Namensnennungen könnten schließlich Umsatz kosten. Darunter sind acht Fonds der Marktführer Deka und Union Investment. Mit den vorherigen Herabstufungen von 11 Fonds hat es, wie auch immobilienwirtschaftlich nicht anders zu erwarten, die gesamte Branche erwischt. Im vergangenen Jahr, als bereits 11 OIF herabgestuft wurden, waren vor allem die drei DWS-Fonds sowie eher kleinere Vehikel wie der Leading Cities Invest sowie der Wohnfonds Fokus Wohnen Deutschland von Industria und Wertgrund Wohnselect D von Wertgrund dran. Der Industria-Wohnfonds ließ dieses Jahr abermals Federn.
Die Vermietungsquoten seien weiter solide, aber im Jahresvergleich von 93,7% auf 92,4%. weiter gesunken. Das sei die niedrigste Vermietungsquote seit 2011 recherchierte die „IZ“. Das bestätigt en passant zwei alte PLATOW-Thesen. Nach Ablauf der ersten 10 Jahre sinken bei Nachvermietungen die Vermietungsquoten. 90% sind dann faktisch Vollvermietung. Damit verschwinden Liquidität und Wert. Zum Zweiten wird unter Druck zunächst das Tafelsilber der besten Immobilien verkauft. Die Qualität des Bestandes sinkt. Dies bestätigt auch Scope, da die sinkende Vermietungsquote insbesondere auf den Verkauf vollvermieteter Objekte zurückzuführen sei. Viele Mietverträge konnten während der Corona-Krise vorzeitig verlängert werden. Auch konnten die Mieterträge durch die Indexierungen (Inflationsanpassung) gesteigert werden, was die Cashflows der Fonds stützt. Hier besteht aber die Gefahr, dass bei Auslauf der Mietverträge die indexverwöhnten Eigentümer vom Markt und vom Lebensalter des Bestandes ausgebremst werden.
Durchschnittsrendite negativ
Im vergangenen Kalenderjahr erzielten die Offenen Immobilienpublikumsfonds im Durchschnitt eine Rendite von -1,3%. Die Spannweite reicht von 3,8% bis -20,1%. Zum 30. April 2025 lag die Zwölfmonatsperformance bei -1,1%. Hauptgrund für die negative Durchschnittsrendite sind Wertkorrekturen in den Immobilienportfolios einiger Fonds. Die fünf Schwergewichte der Branche hingegen steigerten ihren Anteilswert 2024 im Mittel um 1,9%. Das könnte nachdenklich machen, ob sich da eine trotz sinkender Multiplikatoren in der Zinswende verbesserte Immobilienqualität auswirkt oder Marktmacht in der Bewertungsauftragsvergabe vielleicht eine Rolle spielt.