Shopping-Center – Klassische Foodcourts sind kein gutes Rezept
Standardisiert und effizient sind die klassischen Foodcourts in den Innenstädten und Shopping-Centern. Das mindert aber den Erlebniseffekt. Doch es gibt neue Konzepte.

Die Standardisierung vieler Gastronomie-Konzepte sei kein gutes Fundament für Erlebniswelten, ist ein Ergebnis des „Shopping Center Report 2025″ des EHI Retail Institutes und der Recherchen der Handelsspezialistin Ruth Vierbuchen, Chefredakteurin des Fachmagazins „Handelsimmobilien Report“. Seit die Handelsimmobilienbranche mit dem wachsenden Druck durch den Online-Handel vor mehr als zehn Jahren erkannt hat, dass sie neben dem Warenverkauf vor allem reale Erlebnisse bieten muss, werden die Gastronomie-Konzepte in Einkaufszentren je nach Größe und Standort immer ausgefeilter. Die Preisfixierung der Konzepte des Einzelhandels bedeutete in der Vergangenheit, möglichst große Mengen bei der Warenbeschaffung zu bündeln, um die Einkaufspreise zu drücken. Die Produktion war entsprechend von kostensenkenden Standardisierungen und Plattformstrategien geprägt.
Da der expansive Online-Handel „Billigpreise“ aber oft besser kann als der stationäre Einzelhandel mit hohen Mieten wurde vor einer Dekade in den Einkaufsmeilen und Shopping-Centern ein umfassender Wandel angestoßen. Der Einkaufsbummel beim Besuch der Innenstadt oder des Shopping-Centers stand zunehmend im Vordergrund. Das erhöhte die Bedeutung der Gastronomie als Nachbar der Einzelhändler. Allerdings erwiesen sich auch hier die anfänglich standardisierten und wirtschaftlich effizienten Konzepte nicht als automatische Erfolgsbringer. In diese Kategorie ordnet Albert Roelen, Geschäftsführer der City Immobilien, aber die seit Jahren in Einkaufszentren weit verbreiteten klassischen Foodcourts in zentraler Lage ein, wie er im „EHI Shopping Center Report 2025″ darlegt.
Dezentrale Gastronomie schafft unterschiedliche Atmosphären
Sie litten gerade an ihrer „Flächeneffizienz“ durch dichte Bestuhlung und effiziente Fast-Food-Angebote. Das stehe im Kontrast zum Erlebnisfaktor für den Konsumenten. Standardisierung sei kein Fundament für Erlebniswelten. Eine über das gesamte Center verteilte, dezentrale Gastronomie schaffe dagegen unterschiedliche Atmosphären für verschiedene Zielgruppen und Bedürfnisse, beschreibt Roelen die Realisierung eines Konzeptes in Bocholt. Von gemütlichen Lounge-Bereichen über helle, offene Café-Zonen bis hin zu gedämpften Ruhebereichen biete das Konzept für jeden Geschmack den passenden Rahmen und vermeide Massenaufläufe und einen hohen Lärmpegel.
Dass der Foodcourt als Ort für die schnelle Verpflegung zwischen zwei Einkaufs-Etappen längst ausgedient hat, bestätigt auch Sascha Pillmann-Behr, Inhaber der JUSA Expansionsberatung. Verteilte Gastronomieflächen schaffen Präsenz über das gesamte Center und erlauben größere individuelle Flächen mit der Chance, sich als Marke zu präsentieren. Allerdings steige dabei der Steuerungsaufwand. Die Entscheidung für eines der Modelle müsse immer in Anhängigkeit von Lage, Centergröße und Zielgruppe getroffen werden. Zu bedenken gibt Pillmann-Behr aber auch, dass lokale oder individuelle Konzepte, die für mehr Flair, emotionale Bindung zur Stadt und Erlebnisqualität sorgen, für die Vermieter ein höheres Risiko darstellen können als langjährig erprobte Konzepte. Die erfolgreichsten Center setzten nach seiner Erfahrung auf eine durchdachte Mischung mit rund 60% Individualisten und 40% starken Marken aus der Systemgastronomie.
Neue Konzepte
Wie vielfältig sich die Gastronomie in Deutschlands Einkaufszentren in der vergangenen Dekade ausgebildet habe, zeige der Blick auf die vielen, im neuesten „Shopping Center Report“ aufgeführten Fallbeispiele, so Vierbuchen. Der Kaufpark Dresden Nickern setze beispielsweise auf zwei Marktplätze im Erdgeschoss mit liebevoll gestalteten Verkaufsständen. Bei der „Roots Foodhall“ in der Dodenhof Shopping Welt in Posthausen bieten auf 1.875 qm sechs Anbieter südländische Küche mit Pizza und Pasta bis hin zu Sushi, Currys und Burger, ergänzt um eine Weinbar mit kalten Getränken, kleinen Spezialitäten und Kaffee. Um die wenig besuchte vierte Etage des Frankfurter Einkaufszentrums My Zeil zu beleben, haben die Eigentümer des Centers, ECE und DWS, hier 2019 mit dem maßgeschneiderten Gastronomie- und Unterhaltungskonzept „Foodtopia“ einen frequenzstarken Anziehungspunkt geschaffen. Das Universum aus Bars, Restaurants, Entertainment-Angeboten inklusive einer Astor-Film-Lounge mit Angeboten für den ganzen Tag und einer außergewöhnlichen Atmosphäre bietet laut Report nicht nur für das Center, sondern für die gesamte Frankfurter Innenstadt ein Alleinstellungsmerkmal.