ROLF BUCH

Vonovia – Eine Leitfigur der Immobilienwirtschaft verabschiedet sich

Vonovia-CEO Rolf Buch hat die Wohnungswirtschaft geprägt wie kein anderer Immobilien-Manager. Zum Jahresende verabschiedet er sich. Sein Nachfolger kommt aus der IT-Branche.

Werner Rohmert,
Rolf Buch
Rolf Buch © Vonovia.de

Mit einer faustdicken Überraschung garnierte die Vonovia die Präsentation ihres Zahlenwerks für das erste Quartal. CEO Rolf Buch verlässt spätestens zum Jahreswechsel 2025/2026 das Unternehmen. Nachfolger soll Luka Mucic werden. Mucic ist seit beinahe 30 Jahren in der Technologie- und Telekommunikationsindustrie tätig. Er ist seit 2023 Chief Financial Officer und Mitglied des Board of Directors der Vodafone Group. Zuvor war Mucic von 2014 bis 2023 Finanzvorstand und von 2014 bis 2017 zugleich Chief Operating Officer der Walldorfer Software-Schmiede SAP. Das unterstreicht die wachsende Bedeutung der Digitalisierung für die Zukunft der professionellen Wohnungswirtschaft.

Die Personalie ist auch deshalb bedeutsam, da Buch ab 2013 die bis dahin als verschlafen gegoltene deutsche Wohnungswirtschaft auf ein neues, professionelles Niveau gehoben hat. Mit den Private Equity-Investoren sowie dem Verkauf großer kommunaler Wohnungsbestände und von Konzern-Wohnungen hatte sich die Wohnungswirtschaft im Gefolge auch der Finanzkrise mit medienwirksam vernachlässigten Beständen Image-Probleme eingehandelt. 2013 wechselte der damalige Arvato-Chef Buch an die Spitze der von Private Equity-Investoren dominierten Deutschen Annington (DA), deren ursprüngliche 64.000 Eisenbahnerwohnungen und später hinzugekaufte 152.000 Viterra-Wohnungen die Keimzelle von Vonovia bildeten.

Gewagter Wechsel

Buchs Wechsel war damals durchaus bemerkenswert. Schließlich gehörte die Bertelsmann-Tochter Arvato mit 68.000 Mitarbeitern zu den prominenten deutschen Konzernen, während die mit einem Schmuddel-Image belastete DA als „Ein-Produkt-Unternehmen“ mit knapp 3.000 Mitarbeitern eher klein war. Buch relativierte im PLATOW-Backgroundgespräch damals die aus immobilienwirtschaftlicher Sicht schwierige Aufgabe des Managements von über 300.000 Wohnungen in einem problematischen demografischen und wohnungswirtschaftlichen Umfeld. Die DA sei ein Unternehmen, dessen Umsätze zu über 95% für das kommende Jahr bereits namentlich bekannt seien, dessen Produkt stark nachgefragt sei und das erhebliche Kostensenkungspotenziale der großen Zahl biete. Der Erfolg belegt die damalige These.

Mit dem Börsengang löste Buch zunächst die DA aus der Private Equity-Vergangenheit von Terra Firma und investierte für damalige Verhältnisse hoch in den Bestand. Zudem baute er eine eigene, professionell gesteuerte Handwerkermannschaft mit mehreren tausend Mitarbeitern auf. Im Vergleich mit seinen Arvato-Aufgaben sehe er auch kein Problem darin, 1 Mio. Wohnungen zu managen, so Buch damals im PLATOW-Backgroundgespräch. Kapitalmarktzugang, Größeneffekte, Managementoptimierung, kundenorientiertes Mietermanagement und Kostensenkung waren damals und sind es noch heute, wie Buch im Gespräch vor wenigen Wochen nochmals bestätigte, die entscheidenden Wettbewerbsvorteile, die er mit Übernahmen und Fusionen insbesondere der Gagfah, Buwog und Deutsche Wohnen ausspielte. Das zeigen gerade auch die erzielten Synergieeffekte der Deutsche Wohnen-Übernahme. Buch hinterlässt am Jahresende, soweit man das überhaupt extern beurteilen kann, das größte und möglicherweise am besten gemanagte Wohnungsunternehmen in Europa. Auf jeden Fall hat Buch auch durch seinen persönlichen Antritt die deutsche Wohnungswirtschaft im politischen und medialen Umfeld auf ein neues Niveau gehoben.

Von Niedrigzinsphase profitiert

Allerdings begünstigte die demografische Entwicklung der Merkel-Ära mit einer kompletten Wandlung des Wohnungsmarktes vom Nachfrager- zu einem Anbietermarkt mit Knappheit ebenso wie die Niedrigzinsphase vor und noch mehr im Anschluss an die Finanzkrise die Entwicklung. Wir analysierten bereits vor 20 Jahren die Viterra-Übernahme als zinsgetunt. Die Nullzinsphase machte dann alles möglich. Das kapitalmarktorientierte Instrumentarium insbesondere zur Bewertung des Bestandes spielte Buch allerdings sehr sportlich.

PLATOW und das Branchenmedium „Der Immobilienbrief“ monierten Ende März 2023 die Bewertung des deutschen, zu 75% unsanierten Portfolios mit der über 29-fachen Jahresmiete als weit überhöht. Der Börsenkurs spiegelte in etwa auch unsere eigene damalige NAV-Bewertung. Aus PLATOW-Sicht ist auch die heutige Bewertung in etwa der 24-fachen Jahresmiete immer noch sehr sportlich, wie wir Mitte März deutlich machten. Aber das sind letztlich Formalia, solange der Kapitalmarkt daran glaubt und alle Stakeholder die Füße stillhalten. Vonovia hat die schwierige Zeit der notwendigen Abwertungen hinter sich gelassen. Die aktuelle Entwicklung spielt dem Management in die Hände. Eine Entspannung der Wohnungsknappheit ist für die kommenden Jahre nicht abzusehen. Mietentwicklungen lösen Bewertungsmeinungsunterschiede auf.

Starker Jahresstart

Darüber hinaus konnten der Markt und PLATOW lernen, dass es reicht, 10 bis 20% eines Bestandes z. B. in Neubauten oder in Gesellschaften zu marktfähigen Konditionen zu bewerten, um durch deren Realisierung die Bewertung eines Gesamtbestandes im Kapitalmarkt zu stützen. Eine Gesamtrealisierung eines systemrelevanten Wohnungseigentümers ist sowieso nicht möglich. Die Bewerter der im deutschen Bewerterjargon „Maklerbuden“ genannten großen Maklerhäuser spielen mit Mietperspektiven und Einzelobjektebene die Bewertungsklaviatur. Während Staatsanwälte und Anlegerschützer zu Telekom-Bewertungszeiten zu Hochform aufliefen, interessiert das heute niemanden mehr. Insofern hinterlässt Buch zum Jahreswechsel nach dem Ende der Anpassungsphase, die er aber auch engagiert und mutig durchzog, einen Konzern, der in Sachen Liquidität, Kennzahlen und Fristen solide aufgestellt ist. Die Branche verliert aber möglicherweise eine politisch akzeptierte Leitfigur, die die Wohnungswirtschaft sympathisch machte.

Im ersten Quartal gelang Vonovia ein starker Start ins Jahr. Alle wirtschaftlichen Kennzahlen entwickelten sich positiv. Das EBITDA wuchs um 15%. Der Immobilienwert sei jetzt stabil. Der LTV liegt pro forma bei 45%. Die Prognose für Gesamtjahr 2025 wird bestätigt. Im Ausblick bis 2028 wird ein EBITDA-Wachstum um rund 30% angestrebt.

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