Wölbern Invest-Chef Schulte verhaftet
Seit über einem Jahr wird ein Streit zwischen Anlegern unter Beteiligung des früheren Wölbern-Chefs Ove Franz mit harten Bandagen ausgetragen. PLATOW hatte bereits frühzeitig und sehr kritisch über das Cash Pool-Modell von Wölbern berichtet. Später konkretisierten sich Gerüchte über eine alternative Verwendung von geparkten Fondsgeldern in anderen Fonds noch vor Vorliegen der Pool-Genehmigung. Angeblich sollen 137 Mio. Euro abgezweigt worden seien. Von persönlicher Verwendung von 37 Mio. Euro ist die Rede.
Der Fall Wölbern ist wahrscheinlich von doppelter Tragik geprägt. Zum einen handelte es sich um eines der ehemals renommiertesten Häuser der Republik, das allerdings vor einigen Jahren ins Visier der Bankenaufsicht geriet, so dass sich aus dem Bankhaus das Emissionshaus abspaltete. Zum anderen hatte zuvor der erfolgreiche Medizinprofessor und Unternehmer Schulte das Hamburger Haus für einen wohl dreistelligen Millionenbetrag erworben. Bereits während des Verkaufsprozesses durch den damaligen Wölbern-Vorstand Eric Hirsch hatten wir uns gefragt, wie denn eine damals kolportierte Kaufpreisforderung von 150 Mio. Euro zustande kommen könne. Ein Emissionshaus habe nur den Barwert der Risiken der Vergangenheit. Die Zukunft sei nur das wert, was der Unternehmer selber auf die Beine stelle. Einen echten Unternehmenswert habe ein Fondsunternehmen nur im Kreis der Ahnungslosen. Die IVG hatte den Unsinn mit dem Erwerb der Botag und der Wertkonzept in den 90ern schon vorgeführt und eine dreistelligen Millionenbetrag versenkt. Wie schnell Unternehmenswerte in hoher dreistelliger Millionenhöhe verdampfen können, haben in den vergangenen Jahren schon die Fondsaktiengesellschaften MPC, Lloyds und HCI eindrucksvoll vorgeführt.
Aus dem Tal der Ahnungslosen kaufte sich also der Medizinunternehmer Schulte mit Wölbern die Seilbahn auf den Fondsolymp. Wölbern könne das innovative Vehikel für Biotech-Fonds werden, hieß es. Seither lief es schief. Der Unternehmenswert war schnell perdu. Lern- oder auch nur gesprächsbereit zeigte sich Schulte nicht. Seine Sprachrohre demonstrierten Selbstbewusstsein. Möglicherweise folgte ein Verzweiflungsschritt der fondskulturellen Ahnungslosigkeit dem nächsten. Vielleicht drückte eine Kaufpreisfinanzierung. Originäre kriminelle Energie ist Schulte sicher nicht zu unterstellen. So könnte selbst eine gut gemeinte Unterstützung anderer schwieriger Wölbernfonds durch den Cashpool mit möglicherweise enthaftender Wirkung schon den Bereicherungsvorwurf auslösen. Da Wölbern im eigentlich ein anständiges Fondsgeschäft gemacht hat, erwarten wir einen wirtschaftlichen Schaden in eher überschaubarem Umfang. Verwertungszwänge und eine möglicherweise ungünstige Immobilienmarktentwicklung könnten den Schaden allerdings vergrößern. Erst kürzlich hatte Wölbern die Anleger über einen Paketverkauf ihrer Immobilien abstimmen lassen, so dass derzeit der Verkauf von ca. 20 europäischen Gewerbe-immobilien im Wert von beinahe 1 Mrd. Euro ansteht. Der eigentliche Schaden ist allerdings der Imageschaden, den ein möglicher Zusammenbruch des einstmals renommierten Hauses hinterlassen wird. Auch hier wird die Publikumspresse wohl den Schaden dem Fondsprodukt und nicht Marktentwicklungen und betriebswirtschaftlichen Fehlern zuschreiben.