Versicherungen

Bayerische – So geht die neue Sach-Chefin gegen hohe Schadenquoten vor

Der bayerische Versicherer kämpft mit hohen Schäden. Im Austausch mit PLATOW erklärt Annika Obermayer, wie sie vorzugehen gedenkt, um das Geschäft zu stabilisieren und Wachstum zu sichern. Dabei beschreitet sie auch unkonventionelle Wege.

Maximilian Volz,
Annika Obermayer, Leiterin des Geschäftsbereich Komposit bei der Bayerischen.
Annika Obermayer, Leiterin des Geschäftsbereich Komposit bei der Bayerischen. © Bayerische

„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, wusste schon Hermann Hesse zu beschreiben. Doch als Annika Obermayer im Januar von der Allianz zur Bayerischen wechselte und die Leitung des Kompositbereichs übernahm, begann ihr Start alles andere als zauberhaft: Die Combined Ratio lag bei 107,4 % (Vj. 105,5 %). Für 100 Euro Prämieneinnahmen gab die Bayerische also 107,40 Euro für Schäden und Verwaltungskosten aus – kein Rezept für nachhaltigen Erfolg oder das Erreichen der großen Unternehmensziele.

„Die Entwicklung der Schaden-Kosten-Quote nehmen wir sehr ernst“, so Obermayer im Austausch mit PLATOW. Um die Quote zu senken, setzt sie auf gezielte Zeichnungspolitik, datenbasiertes Underwriting und differenzierte Tarifierung. Beitragserhöhungen erfolgen dort, wo sie „risikoadäquat und marktgerecht“ sind. Gleichzeitig prüfe die Bayerische kontinuierlich die Resilienz des Geschäfts und passe Neugeschäftstarife an.

Digitale Tools, KI und neue Wege

Technisch rüstet Obermayer auf: „KI-gestütztes Underwriting ist in der Pilotphase – mit Fokus auf Automatisierung und Risikobewertung.“ Die Tarife, insbesondere in der Wohngebäudeversicherung, berücksichtigen als eine der ersten am Markt Starkregenzonen, so Obermayer.

Auch die Rückversicherung wird aktiv gestaltet. „Wir arbeiten mit internen Triggern für kurzfristige Tarifanpassungen und investieren in moderne Pricing-Tools“, erklärt die Expertin. Beispiele sind Veränderungen externer Risikofaktoren, etwa steigende Wahrscheinlichkeiten von Naturkatastrophen. Dabei helfe, dass das Sachgeschäft regional breit diversifiziert sei, dennoch werden Kumulrisiken – etwa in Bayern – „sehr genau beobachtet“.

Neue Vertriebsstrategie

Obermayer will nicht nur Schäden minimieren, sondern auch den Vertrieb stärken. Die Bayerische fokussiert sich auf ausgewählte Segmente, darunter nachhaltige Lösungen und Zielgruppenprodukte. Aktuell stammt der größte Anteil am Komposit-Umsatz (2024: 234 Mio. Euro) aus dem Maklervertrieb, gefolgt von Ausschließlichkeitsorganisation und digitalen Partnerschaften. Digitale Vertriebskanäle gewinnen im Kompositgeschäft zunehmend an Bedeutung.

Embedded Insurance, also Versicherungen direkt in Produkte integriert – etwa Smartphone mit Handyversicherung – ist insbesondere in der Kfz-Versicherung ein spannendes Feld, so Obermayer: „Perspektivisch werden wir hier erste Pilotprojekte evaluieren.“

Trotz der umfangreichen Aufgaben bei Schadenprävention und Vertrieb bleibt Obermayer unbeeindruckt und fokussiert: „Unsere Ziele sind dabei nicht rein volumengetrieben, sondern orientieren sich an nachhaltiger Ertragskraft und technischer Exzellenz.“ Ihr Wechsel hat ihr neue Herausforderungen gebracht, die sie gerne annimmt: „Die Bayerische bietet mir die Möglichkeit, meine Ideen direkter einzubringen und Entscheidungen mitzugestalten.“

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