Ausländische Investoren – EU rückt enger zusammen
Die neue Verordnung zielt darauf ab, eine EU-weite Koordinierung und Zusammenarbeit bei der Prüfung von ausländischen Direktinvestitionen zu gewährleisten, die sich auf die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung auswirken können. Damit wird ein gemeinsamer Rahmen für die Überprüfung von Investitionen bestimmter ausländischer Investoren, wie beispielsweise staatlich kontrollierter oder staatlich finanzierter Unternehmen in sensiblen Bereichen geschaffen. Zu diesen sensiblen Bereichen gehören: 1. Kritische Infrastrukturen in den Bereichen Energie, Verkehr, Wasser, Gesundheit, Kommunikation, Medien, Datenverarbeitung oder -speicherung, Luft- und Raumfahrt, Verteidigung, Wahl- oder Finanzinfrastruktur sowie sensible Einrichtungen und Investitionen in Grundstücke und Immobilien, die für die Nutzung dieser Infrastruktur von entscheidender Bedeutung sind; 2. Kritische Technologien und Güter mit doppeltem Verwendungszweck, einschließlich Künstlicher Intelligenz, Robotik, Halbleiter, Cybersicherheit, Luft- und Raumfahrt, Verteidigung, Energiespeicherung, Kerntechnologien, Nanotechnologien und Biotechnologien; 3. Lieferung kritischer Rohstoffe wie Energie oder anderer Rohstoffe sowie Ernährungssicherheit; 4. Zugang zu sensiblen Informationen, einschließlich personenbezogener Daten oder der Möglichkeit, diese Informationen zu kontrollieren; und 5. Freiheit und Pluralismus der Medien.
EU-Kommission prüft nicht selbst
Die Verordnung erlaubt es der EU-Kommission nicht, ausländische Investitionen direkt zu prüfen oder zu blockieren. Vielmehr bleibt die Überprüfung in der alleinigen Verantwortung des Mitgliedstaats, in dem die Investition getätigt wird. Die Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, einen Prüfmechanismus einzuführen, wenn es derzeit keinen gibt. Auch harmonisiert die Verordnung nicht die bestehenden nationalen Prüfregime. Die Mitgliedstaaten müssen jedoch sicher-stellen, dass die bestehenden Mechanismen transparent und nichtdiskriminierend sind, und sie müssen Zeitrahmen für den Abschluss einer möglichen Überprüfung festlegen.
Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, sowohl die EU-Kommission als auch andere Mitgliedstaaten zu informieren, wenn sie ein Nachprüfungsverfahren einleiten. Um die Vertraulichkeit zu gewährleisten, soll der Informationsaustausch zwischen der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten über offizielle Kontaktstellen und über ein verschlüsseltes Kommunikationssystem stattfinden. Nach Erhalt der Mitteilung eines Mitgliedstaats, dass eine Transaktion geprüft wird, können die anderen Mitgliedstaaten Stellungnahmen abgeben, und die EU-Kommission kann innerhalb bestimmter Fristen eine unverbindliche Stellungnahme zu der angemeldeten Transaktion abgeben. Der überprüfende Mitgliedstaat ist verpflichtet, die Stellungnahme der EU-Kommission und die Bemerkungen anderer Mitgliedstaaten „in angemessener Weise“ zu berücksichtigen. Der überprüfende Mitgliedstaat muss der Stellungnahme der EU-Kommission „umfassend Rechnung tragen“, wenn die Investition ein Projekt oder ein Programm von Unionsinteresse betrifft, und der EU-Kommission eine Erklärung vorlegen, wenn er ihrer Stellungnahme nicht folgt.
Mitgliedstaaten geben Marschrichtung vor
Die Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen in der EU ist Gegenstand einer sich rasch verändernden Rechtslandschaft. Deutschland hat seine Regelungen 2017 und 2018 ausgeweitet, niedrigere Aufgreifschwellen eingeführt und die Definition kritischer Infrastrukturen, die einer obligatorischen Meldepflicht unterliegen, ausgeweitet. Das Vereinigte Königreich hat 2018 ein Weißbuch veröffentlicht, in dem eine Überarbeitung des derzeit geltenden Mechanismus vorgeschlagen wird. Frankreich hat kürzlich seine nationalen Vorschriften für die Kontrolle von ausländischen Direktinvestitionen auf bestimmte Sektoren wie Künstliche Intelligenz und Robotik ausgedehnt. Ungarn hat Anfang 2019 neue Regelungen zur Überprüfung der ausländischen Direktinvestitionen erlassen. Außerhalb Europas haben insbesondere die USA die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen durch den Ausschuss für die Kontrolle von Auslandsinvestitionen in den Vereinigten Staaten (CFIUS) im Jahr 2018 erweitert. Vor diesem Hintergrund stellt der neue EU-Rahmen einen weiteren Schritt in Richtung einer zunehmenden Interdependenz der nationalen Regelungen zur Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen dar.
Ausblick
Der nun vorgelegte neue Rechtsrahmen wird in Zukunft zu einer stärkeren Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten und der EU-Kommission führen. Investoren von außerhalb der EU müssen sich dieser Veränderungen bewusst sein. Sie und ihre Berater sollten noch häufiger als bislang Prüfverfahren und Fristen in oftmals mehreren Jurisdiktionen mit Blick auf Vollzugsbedingungen, die zeitliche Transaktionsplanung sowie die Risikobewertung bereits im Vorfeld berücksichtigen.