VW und Telekom erschüttern den D&O-Markt
Zwei Verfahren stellen die deutsche Managerhaftpflicht (D&O)auf eine harte Probe – und könnten die Branche bis zu einer Milliarde Euro kosten. Ein Ende der Klageflut ist nicht in Sicht.

Das Abwehren von Klagen wird für Unternehmen immer schwieriger. Ein führender D&O-Manager warnt: Nach den jüngsten Fällen bei Volkswagen und der Deutschen Telekom könne die Branche „nicht mehr mit schärferen Bedingungen reagieren“. Die Versicherer müssten jetzt zahlen – und die Kunden später mit höheren Prämien.
Der Doppelschlag
Dem Statement vorausgegangen waren zwei spektakuläre Fälle: Erst platzte der 270-Mio.-Euro-Vergleich im Dieselskandal: Der BGH kassierte Ende Mai die Einigung zwischen Volkswagen und dessen D&O-Versicherern. VW hatte seine Aktionäre 2021 nicht über den Verzicht auf mögliche Ansprüche gegen bis zu 170 Manager informiert. Nun muss der Konzern eine neue Hauptversammlung einberufen und den Vergleich neu verhandeln.
Kaum hatte sich der Staub dort gelegt, droht der Branche das nächste Desaster. Eine Sammelklage von Minderheitsaktionären vor einem US-Gericht setzt der Telekom zu. Der Fall geht auf den Sprint-Merger 2020 zurück; die Kläger wittern Pflichtverletzungen bei der Preisgestaltung und fordern rund 850 Mio. Euro. Telekom und die beratende Kanzlei Noerr schweigen. Der Prozess läuft, Urteile gibt es noch keine.
Milliardenrisiko für die Branche
„Der VW-Fall hat die Versicherer bis zu 500 Mio. Euro gekostet und wird nun neu aufgerollt. Mit der Telekom drohen weitere 300 Mio. Euro“, rechnet uns ein Branchenkenner vor. Angesichts eines geschätzten deutschen D&O-Gesamtmarkts von rund 925 Mio. Euro Prämienvolumen ist das ein massiver Schlag. Laut Branchenverband GDV lagen die Beitragseinnahmen 2023 bei 458 Mio. Euro, die Leistungen stiegen um 9,4% auf 216 Mio. Euro.
Die Branche steht unter Druck. „Wir als HDI Global sehen derzeit eine Häufung von öffentlichkeitswirksamen potenziellen D&O-Sachverhalten“, warnt der Versicherer. Im ohnehin hart umkämpften Markt könnten steigende Risiken „eine Konsolidierung und schärfere Prämienpolitik“ erzwingen.