Streit um „UniImmo: Wohnen ZBI“ gefährdet gesamte Branche
Union Investment hätte den umstrittenen Immobilienfonds nicht als eher risikoarm einstufen dürfen, sagt ein Gericht. Der Streit belastet absehbar weitere Fondsanbieter und Banken.

Rechtsanwalt Claus Goldenstein spricht von einem „Paukenschlag“: Der Geschäftsleiter der gleichnamigen Kanzlei will für offene Immobilienfonds und verkaufswillige Banken den Beginn einer Klagewelle wie einst gegen die Automobilbranche nach dem Dieselbetrug erkannt haben. Denn diesen Freitag verwarf das Landgericht Nürnberg-Fürth die Risikostufe des „UniImmo: Wohnen ZBI“. Geklagt hatte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Der Fonds hatte im Juni nach einer Neubewertung einen abrupten Verlust von 16,7% verzeichnet und die Anbieterin Union Investment und die zugehörige ZBI Fondsmanagement in Erklärungsnot gebracht. Seither kämpfen Genossenschaftsbanken mit Beschwerden. Der Vorwurf: Der Fonds hätte nicht als eher sicheres Produkt verkauft werden dürfen. Die Risikoklassen von damals „2“ und heute „3“ aus insgesamt sieben Stufen seien nicht zulässig, urteilt nun das Landgericht – das ist Wasser auf die Mühlen klagewilliger Fondssparer. Goldenstein spricht von rd. 370 Mandaten, von denen etliche vor Gericht ziehen wollen. Sechs Klagen begleite man bereits. Die Kanzlei Thum&Strauß wiederum berichtet von Vergleichsvereinbarungen mit Banken. Die Schlichterstelle beim Verband BVR zählte im vergangenen Jahr „zahlreiche“ Beschwerden zum „UniImmo“-Fonds, die kleinere Ombudsstelle für Investmentfonds macht immerhin 34 Fälle zu Immobilienfonds aus.
Der Streit ist aber nicht entschieden: Union Investment kündigt Berufung an. Andere Verfahren wie in Stuttgart, wo eine Klage gegen die Genossenschaft Vereinigte Volksbanken in Böblingen verhandelt wird, laufen noch. Gut für Banken: Die BVR-Schlichter sehen vielfach keine Beratungsfehler.
Schwerer wiegt das Risiko für das Neugeschäft: Immobilienfonds sind auf Liquidität angewiesen und damit auf Zuflüsse. Doch kommt seit der Zinswende 2022 stetig weniger herein: Für das vergangene Jahr meldet die Bundesbank Zuflüsse von 3,5 Mrd. Euro und Abflüsse von 9,4 Mrd. Euro. Im Jahr 2021 lag das Verhältnis bei 10,2 Mrd. Euro zu 2,3 Mrd. Euro.
Der Streit betrifft alle Fondshäuser: So sind die Fonds „Fokus Wohnen Deutschland“ der Intreal und „Wertgrund Marktchancen Wohnen“ von Wohnselect mit den Risikostufen „2“ und „3“ bewertet. Die Produktriesen „Grundbesitz Europa“ der DWS und „Hausinvest“ der Commerz Real tragen eine „2“, der „Immobilien Europa“ der Deka nur eine „1“, ebenso wie die „UniImmo“-Varianten „Deutschland“ und „Europa“. Die Verbraucherzentrale hält stets eine „6“ für korrekt und beruft sich auf EU-Vorgaben.