„Der Venture-Capital-Markt ist noch sehr kleinteilig und intransparent“

Jörg Goschin hat eine Mission. Der KfW Capital-Geschäftsführer soll im Auftrag des Bundes und der Konzernmutter KfW die Finanzierungssituation von Start-ups verbessern und ein Ökosystem für Venture-Capital (VC) in Deutschland schaffen. Denn in Deutschland mangelt es an Wagniskapital für innovative Start-ups. „Der deutsche Venture-Capital-Markt ist immer noch sehr kleinteilig und intransparent, was viele Investoren abschreckt“, berichtet Goschin im Gespräch mit PLATOW.
Seit dem Marktstart im Oktober 2018 hat die von Goschin und Alexander Thees geführte KfW Capital aus eigenen und Mitteln des ERP-Sondervermögens rund 2,5 Mrd. Euro für Investments in aktuell 132 VC-Fonds mit einem gesamten Fondsvolumen von 34 Mrd. Euro zugesagt. Damit investiert die KfW Capital indirekt in 2.400 Start-ups. „Wir investieren branchen- und phasenagnostisch und konzentrieren uns auf die VC-Fonds, die nach unserer Einschätzung das beste Risiko-Rendite-Verhältnis haben“, beschreibt Goschin seine Investment-Strategie.
Das Prinzip, privates Kapital mit einer staatlichen Anschubfinanzierung in den VC-Markt zu locken, verfolgt auch der von KfW Capital betreute Wachstumsfonds Deutschland, bei dem der Bund und die KfW-Tochter als Ankerinvestoren agieren. Mit dem Ende 2023 erreichten Zielvolumen von 1 Mrd. Euro, davon sind 600 Mio. Euro bereits zugesagt, verfügt der Wachstumsfonds über ein Volumen, das ihn auch für Großinvestoren wie Versicherungen und Pensionskassen interessant macht, deren Mindestlosgrößen für Investments meist zu groß für klassische VC-Fonds sind.
„Außerdem bieten wir als KfW Capital mit bald 100 Mitarbeitern eine hohe Expertise, über die institutionelle Investoren oft nicht verfügen.“ Damit sorge KfW Capital für die von den Investoren gewünschte Transparenz bei den Investments des Wachstumsfonds. Zu den 20 Investoren des Dachfonds gehören so prominente Adressen wie Allianz, Blackrock, Debeka, Generali Deutschland, Gothaer, HUK-Coburg, RAG-Stiftung und Signal Iduna. „Wir haben mit dem Wachstumsfonds viele Investoren gewonnen, die bisher nicht in der Assetklasse investiert haben“, freut sich Goschin.
Mit Blick auf die Entwicklung des deutschen VC-Markts sieht der KfW Capital-Chef für 2025 „mehrere positive Signale“ wie sinkende Zinsen, eine steigende Investitionsbereitschaft der VC-Fonds und verkürzte Fundraising-Zyklen. Wenn sich das Kapitalmarktumfeld weiter erholt und dies auch Exits in Form von IPOs ermöglicht, werde das „den gesamten Venture-Capital-Markt beflügeln“. Zumindest in einem Punkt muss sich der europäische VC-Markt nicht hinter dem um ein Vielfaches größeren US-Markt verstecken. Die Assetklasse European Venture habe in den letzten 15 Jahren im Durchschnitt eine höhere Rendite erzielt als US-Venture, so Goschin, dem noch eine andere Besonderheit aufgefallen ist. „In den USA gibt es Fonds, die nur in Gründer investieren, die in der Vergangenheit bereits eine Insolvenz hingelegt haben.“ Dort werde eine Insolvenz als wertvoller Lernprozess angesehen.