Betrugsfälle schüren Sorge vor neuer US-Bankenkrise
Probleme bei zwei US-Regionalbanken erschüttern das Vertrauen von Investoren. Erinnerungen an die Krise 2023 werden wach. Droht eine Kettenreaktion?

Zwei US-Regionalbanken melden Betrugsfälle – und plötzlich zittern die Märkte weltweit. Bereits am Donnerstag verloren US-Bankaktien massiv an Wert. Der Kurssturz zieht weltweit Kreise: In Europa traf es am Freitag die Aktie der Deutschen Bank besonders hart, die zeitweise mit über 6% im Minus notierte. Auch die Papiere der Commerzbank und der europaweite Branchenindex Stoxx Europe 600 Banks gaben deutlich nach. Für vorläufig etwas Entspannung sorgten am Freitag im Tagesverlauf die Quartalszahlen einzelner US-Regionalbanken. Sie meldeten geringere Rückstellungen für Kreditausfälle als von Analysten erwartet – ein Signal, das zumindest vorübergehend die Nervosität dämpfte.
Kleine Summen, große Wirkung
Trotzdem bleibt die Unsicherheit groß. Die heftige Marktreaktion zeigt: Investoren sind extrem nervös. Das lässt sich auch daran ablesen, dass die Summen, um die es geht, vordergründig überschaubar erscheinen. Auslöser der Verwerfungen waren Meldungen der Zions Bank, die wegen mutmaßlicher Falschangaben bei Kreditnehmern Rückstellungen von 60 Mio. Dollar ankündigte. Auch die Western Alliance Bank kündigte wegen eines Betrugsfalls Klage an. Laut „Financial Times“ will sie rund 100 Mio. Dollar zurückfordern.
Die aktuellen Turbulenzen rufen Erinnerungen an das Frühjahr 2023 wach. Damals lösten die Probleme der Silicon Valley Bank eine Kettenreaktion aus. Mehrere Institute gerieten in Schieflage, darunter auch die internationale Großbank Credit Suisse in Europa, die schließlich von der UBS übernommen werden musste. Die neuen Meldungen kommen zu einem Zeitpunkt, wo das Vertrauen vieler Investoren ohnehin angeschlagen ist. Erst kürzlich meldeten der Autoteilehersteller First Brands und der Autofinanzierer Tricolor Insolvenz an. Beide waren über private Kreditfonds und Bankdarlehen hoch verschuldet. JPMorgan-Chef Jamie Dimon warnte: „Wo eine Kakerlake ist, gibt es wahrscheinlich noch mehr.“
Nagel sieht Probleme als „Augenöffner“
Am Rande der IWF-Tagung in Washington zeigten sich Bankenvertreter überrascht über die heftige Marktreaktion. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel nannte die aktuellen Probleme in den USA auf einer Pressekonferenz in Washington einen „Augenöffner“. Mit Blick auf Bestrebungen nach einer stärkeren De-Regulierung der Banken, insbesondere in den USA, sagte er, die Krise komme vielleicht zur rechten Zeit. Nagel unterstützt zwar einfachere Regeln für Banken, eine generelle De-Regulierung sei mit ihm aber nicht zu machen. Ähnlich äußerte sich auch Bundesfinanzminister Lars Klingbeil, der die Entwicklung als Bestätigung der eigenen Vorstellungen zur Regulierung sieht.
Fed unter Druck
Auch die US-Notenbank Fed gerät durch die Probleme in den Fokus. US-Präsident Trump greift sie massiv an – in Krisen aber spielt sie stets eine Schlüsselrolle. Die Fed hat ihre Bilanz durch Anleihekäufe massiv aufgebläht und so das Finanzsystem mit Liquidität geflutet. Seit drei Jahren fährt sie ihre Bilanz zurück, indem sie nicht mehr alle auslaufenden Anleihen aus ihrem Bestand ersetzt. Dies reduziert die Liquidität im Finanzsystem, kann aber zu Knappheiten führen. Am Donnerstag etwa griffen Banken in größerem Umfang auf die Fed-Repo-Fazilität zurück – ein Hinweis auf zunehmende Spannungen in den kurzfristigen Finanzierungsmärkten. Fed-Chef Jerome Powell hatte jüngst ein baldiges Ende des Bilanzabbaus in Aussicht gestellt. Zudem könnte die Fed die Zinsen stärker senken. Eine weitere Zinssenkung im Oktober gilt als ausgemacht. Wie es danach weitergeht, ist offen. Die US-Bank Goldman Sachs erwartet Zinssenkungen im Oktober und Dezember um je 0,25 Prozentpunkte. Auch für 2026 geht sie von zwei weiteren Senkungen aus.
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